MPP Strafrecht & Steuerrecht Göttingen: Bild von Hochhaustürmen, die in den Himmel ragen

Die Cannabis-Legalisierung – Kiffen ohne Konsequenzen?

Nun ist es soweit: Nach langem Ringen und bis zuletzt bestehenden Unsicherheiten konnten sich die Beteiligten endlich auf die endgültig geltende Fassung des neuen Konsumcannabisgesetzes (KCanG) und die nun bestehenden Änderungen anderer Gesetzestexte einigen – über diesen langwierigen Prozess und die geplanten und nun umgesetzten Regelungen berichteten wir bereits mehrmals auf diesem Blog (Die Entkriminalisierung von Cannabis – „Legal, aber…“, Update: Die Cannabis-Entkriminalisierung kommt zum 01.04.2024 und Update: Cannabis-Entkriminalisierung beschlossen).

So groß die Freude über die neuen Freiheiten bei einigen auch sein mag, so kompliziert ist (wie so oft) die rechtliche Materie.

Im Folgenden geben wir Ihnen ein Überblick über die wichtigsten Eckpunkte und neuen rechtlichen Möglichkeiten in Bezug auf die Cannabislegalisierung.

Konsequenzen der Cannabis-Legalisierung für das Strafrecht

Neues Gesetz – Ist jetzt „alles“ erlaubt?

Diese Frage wurde bereits in unseren vorangegangenen Beiträgen erörtert und die Antwort liegt wahrscheinlich auf der Hand: Nein, natürlich ist nun nicht alles erlaubt, was mit Cannabis zu tun hat.

Der Gesetzgeber hatte bei der Entwicklung des KCanG angesichts der steigenden Konsumzahlen ausdrücklich das Ziel, einen verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis zu erleichtern und hierfür einerseits eine kontrollierte Freigabe zu ermöglichen und andererseits Informations-, Beratungs- und Präventionsangebote zu stärken.

So sieht § 3 Abs. 1 KCanG zum Beispiel vor, dass der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt ist. Nach § 3 Abs. 2 KCanG dürfen am eigenen Wohnsitz bis zu 50 Gramm Cannabis und bis zu drei lebende Cannabispflanzen aufbewahrt werden. Weitergehende Regelungen betreffen den Besitz von Cannabis in den neu etablierten Anbauvereinigungen und den Umgang mit Cannabissamen, welcher ebenfalls nur in Grenzen erlaubt ist (§ 4 KCanG). Das Gesetz regelt darüber hinaus ausführlich die Anforderungen an den privaten Eigenanbau, den Anbau und die Weitergabe in entsprechenden Vereinigungen sowie Maßnahmen zum Kinder- und Jugendschutz und zur Suchtprävention.

Insofern sind Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis zwar aus dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) gestrichen worden, jedoch sieht das KCanG in den §§ 34 ff. entsprechend neue Tatbestände vor.

Wer z. B. gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte verstößt und mehr Cannabis als erlaubt besitzt oder die Substanz ohne Erlaubnis anbaut oder weitergibt, wird gem. § 34 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 15 KCanG mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In bestimmten Fällen ist gem. § 34 Abs. 2 KCanG eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit möglich, die eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vorsieht. Umgekehrt kann aber nach § 34 Abs. 3 auch eine Strafverschärfung drohen, wenn ein besonders schwerer Fall vorliegt, beispielsweise dann, wenn Cannabis ohne behördliche Erlaubnis angebaut oder weitergegeben und dabei gewerbsmäßig gehandelt wird. Die typische „Dealertätigkeit“ ist damit weiterhin verboten! Lediglich das Strafmaß ist im Vergleich zum vorher einschlägigen BtMG milder geworden.

Beim Umgang mit Cannabis ist also weiterhin Vorsicht geboten – es kann nur dazu geraten werden, die gesetzlich festgelegten Grenzwerte zu halten und darauf zu achten, und (in Fällen, in denen dies vorgesehen ist) eine behördliche Erlaubnis einzuholen und vorgeschriebene Schutzmaßnahmen zu treffen sowie einzuhalten.

Falls gegen Sie ein Ermittlungsverfahren wegen des unerlaubten Umgangs mit Cannabis nach § 34 KCanG eingeleitet wurde, Sie einen Strafbefehl erhalten haben oder sogar schon Anklage erhoben wurde, empfehlen wir Ihnen dringend, sich anwaltlich beraten zu lassen, um strafrechtliche Konsequenzen so weit wie möglich zu vermeiden.

Wir halten uns über die neuesten Entwicklungen im Gesetz und in der Rechtsprechung stets auf dem Laufenden und stehen Ihnen mit unserer Expertise zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens gern zur Seite.

Dürfen Minderjährige Gras rauchen?

Da die Gesetzesinitiative der Entwicklung von Suchterkrankungen und Entwicklungsstörungen entgegenwirken möchte, hat sich der Gesetzgeber verständlicherweise auch über Maßnahmen und Regelungen zum Kinder- und Jugendschutz Gedanken gemacht.

Aus diesem Grund beziehen sich die Regelungen zum erlaubten Umgang mit Cannabis nur auf Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben; für Minderjährige bleibt der Konsum, der Besitz, die Weitergabe – also salopp gesagt, alles, was mit der Substanz Cannabis zu tun hat – weiterhin verboten.

Wie wirken sich die neuen Regelungen auf laufende Ermittlungsverfahren aus?

Eine gute Nachricht gibt es für all diejenigen, gegen die ein Ermittlungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das BtMG eingeleitet wurde, das bisher noch nicht abgeschlossen ist.

In diesem Fall gilt das sog. Meistbegünstigungsprinzip. Dieses besagt, dass sich die Strafbarkeit nicht mehr nach dem BtMG, sondern nunmehr nach der aktuellen Rechtslage richtet. Betroffene können folglich mit einem deutlich geringeren Strafmaß oder sogar mit einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens rechnen.

Falls gegen Sie aktuell noch ein cannabisbezogenes Ermittlungsverfahren läuft, beraten wir Sie gerne zu Ihren Handlungsmöglichkeiten und leiten entsprechende Maßnahmen ein.

Raus aus dem Gefängnis durch Cannabislegalisierung?

Hat die Änderung der Gesetzeslage auch einen Einfluss auf Personen, die aktuell eine Haftstrafe wegen eines Cannabisvergehens absitzen oder eine Geldstrafe auferlegt bekommen haben?

Das kommt sehr auf den Einzelfall an. Grundsätzlich gilt, dass Urteile nur verändert werden können, wenn die Strafe zumindest noch nicht vollständig vollstreckt wurde. Wenn also beispielsweise eine Geldstrafe bereits bezahlt wurde, kann diese nicht einfach zurückverlangt werden.

Wer jedoch momentan noch eine Haftstrafe verbüßt oder seine Geldstrafe noch nicht bezahlt hat, hat gute Chancen, eine begünstigende Urteilsänderung für sich zu erreichen, wenn die begangenen Straftaten nach heutigem Stand nicht mehr strafbar wären oder geringer bestraft würden. In diesen Fällen besteht durchaus die Möglichkeit, dass Strafgefangene früher aus der Justizvollzugsanstalt entlassen werden oder der Zahlung ihrer Geldstrafe entgehen können. Wenn mehrere Straftaten begangen wurden, also eine Gesamtstrafe verhängt wurde, muss das zuständige Gericht auf Antrag zusätzlich unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage erneut abwägen und eine neue Gesamtstrafe bilden. Auch dies kann sich positiv für den Verurteilten auswirken.

Selbstverständlich sollten die Chancen diesbezüglich rechtlich gründlich geprüft und die Handlungsmöglichkeiten anwaltlich erörtert werden.

Es ist insbesondere zu empfehlen, diesbezüglich frühzeitig tätig zu werden. Die Justiz erwartet bereits jetzt eine regelrechte Welle an Anträgen und wird in nächster Zeit vermutlich stark überlastet sein; entsprechend langsam werden die Anträge abgearbeitet werden.

Wie wirkt sich die Gesetzesänderung auf Eintragungen im Bundeszentralregister aus?

Grundsätzlich werden Verurteilungen im Bundeszentralregister, anders als im Führungszeugnis, für eine Dauer zwischen fünf und zwanzig Jahren vermerkt. Insbesondere für Menschen, die im öffentlichen Dienst arbeiten möchten, stellt diese lange Frist häufig ein großes Problem dar.

Das neue KCanG bietet nun allerdings zumindest bei Verurteilungen im Zusammenhang mit Cannabis neue Möglichkeiten, Eintragungen tilgen zu lassen. §§ 40 ff. KCanG, die am 01.01.2025 in Kraft treten sollen, regeln die Tilgungsfähigkeit über eine Verurteilung nach § 29 BtMG im Zusammenhang mit Cannabis, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen.

Um die Tilgungsfähigkeit feststellen zu lassen, muss die betroffene Person gem. § 41 Abs. 1 KCanG einen Antrag bei der zuständigen Staatsanwaltschaft stellen und glaubhaft machen, dass die Voraussetzungen zur Tilgung vorliegen. Hierzu kann gem. § 41 Abs. 2 S. 2 KCanG eine eidesstattliche Versicherung zugelassen werden. Wenn die Tilgungsfähigkeit festgestellt wurde, ist dies nach § 42 KCanG der Registerbehörde und der verurteilten Person mitzuteilen und durch die Registerbehörde im Folgenden zu tilgen.

Wenn Sie vorhaben, einen solchen Antrag auf Tilgungsfähigkeit Ihrer Verurteilung zu stellen, können Sie das Vorliegen der Voraussetzungen hierfür gerne von uns prüfen lassen. Wir freuen uns, Sie bei der Antragsstellung und dem weiteren Verfahren der Tilgung zu unterstützen.

Konsequenzen der Cannabis-Legalisierung für das Verkehrsstrafrecht

Was ändert sich im Straf- und Bußgeldrecht?

Im Grunde gelten im Straf- und Bußgeldrecht dieselben Regelungen wie bereits zuvor. Gem. § 24a Abs. 2 StVG i. V. m. der Anlage zu § 24a Abs. 2 S. 1 StVG begeht eine Ordnungswidrigkeit, wer unter Wirkung von Cannabis im Straßenverkehr ein Kfz führt. Eine solche Wirkung liegt gem. § 24a Abs. 2 S. 2 StVG dann vor, wenn THC im Blut nachgewiesen wird. Diese Vorschrift wurde durch die Cannabislegalisierung nicht geändert. Lediglich der bisher geltende THC-Grenzwert könnte sich in Zukunft verschieben.

Auch das Verkehrsstrafrecht hat sich in Bezug auf das Fahren unter THC-Einfluss nicht geändert. Es gelten nach wie vor die Vorschriften der §§ 315 ff. StGB – wenn man sich im Cannabis-Rausch ans Steuer setzt, läuft man also Gefahr, sich insbesondere wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c Abs. Nr. 1 StGB strafbar zu machen.

Welche Folgen hat der Cannabis-Konsum für die Fahrerlaubnis?

Grundsätzlich richtet sich die Zulassung im Straßenverkehr im Hinblick auf Betäubungsmittel nach § 14 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV).

Bei Cannabiskonsum kam es früher ganz regelmäßig zur Überprüfung der Fahreignung. Hierzu nutzten die zuständigen Fahrerlaubnisbehörden die in § 14 FeV vorgesehene Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen ein ärztliches bzw. ein medizinisch-psychologisches Gutachten einzuholen. Es bestand jedoch auch die Möglichkeit, die Fahrerlaubnis direkt zu entziehen – entscheidend für die Beurteilung der Fahreignung war die Häufigkeit des Konsums. Eine sog. medizinisch-psychologische Untersuchung führte über kurz oder lang häufig zur Entziehung der Fahrerlaubnis, woran sich bei Neubeantragung ein langwieriges Verfahren der Neuüberprüfung der Fahreignung durch weitere Untersuchungen anschloss.

Der neu eingeführte § 13a FeV bringt in diesem Zusammenhang Erleichterung. Die Voraussetzungen dieser Norm sind deutlich enger gefasst als diejenigen im früheren § 14 FeV – insbesondere genügt ein „gelegentlicher“ oder auch ein „regelmäßiger“ Konsum für eine Eignungsprüfung nicht mehr, sondern es müssen z. B. Hinweise auf Cannabismissbrauch, eine Abhängigkeit oder wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr vorliegen. Maßnahmen zur Überprüfung der Fahreignung werden in Zukunft also vermutlich seltener ergriffen als noch vor der Cannabislegalisierung.

Sollten Sie momentan von einer Entziehung Ihrer Fahrerlaubnis oder einer Anordnung medizinischer Untersuchung betroffen sein, kann es sich durchaus lohnen, prüfen zu lassen, ob die Anordnung bzw. die Entziehung gegen geltendes Recht verstoßen und in diesem Falle einen Antrag auf Einstellung des Fahrerlaubnisverfahrens zu stellen bzw. Rechtsbehelfe gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis einzureichen.

Welche THC-Werte gelten aktuell?

Begleitend zur Cannabis-Legalisierung hat eine Expertenkommission eine Empfehlung für einen Grenzwert im Straßenverkehr vorgelegt. Vorgeschlagen wird hierin eine Konzentration von 3,5 Nanogramm THC je Milliliter Blutserum. Laut Bundesverkehrsministerium ist nach aktuellem Stand der Wissenschaft ab diesem Wert eine „verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeugs nicht fernliegend“. Darüber hinaus legte die Kommission nahe, für Cannabiskonsumenten ein absolutes Alkoholverbot zu etablieren, um der signifikant höheren Gefährdung des Straßenverkehrs, die mit einem Mischkonsum einhergeht, entgegenzuwirken.

Allerdings sind diese Empfehlungen bisher noch nicht in Gesetzesform gegossen worden. Bisher hatte sich in der Rechtsprechung ein Wert von 1,0 Nanogramm etabliert, der vorerst noch weiter gelten wird. Insofern droht bei Überschreitung dieses Grenzwerts gem. § 24a Abs. 2, 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) wegen der Begehung einer Ordnungswidrigkeit ein Bußgeld von bis zu 3.000 Euro. Unter bestimmten Voraussetzungen kann sogar eine Strafbarkeit nach § 315c I Nr. 1 StGB vorliegen.

Es könnte sich jedoch durchaus lohnen, einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zu stellen, wenn gegen Sie aktuell ein Bußgeldverfahren läuft und Sie eine geringere Konzentration als 3,5 Nanogramm im Blut hatten. Kontaktieren Sie uns hierzu gerne!

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