Cum-Ex-Skandal: Szene aus dem Gerichtssaal
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Cum-Ex-Skandal Teil I: Wie funktionieren die sog. Cum-Ex-Geschäfte?

Olaf Scholz, Chris­tian Olea­rius, Peter Tsch­ent­scher, Hanno Berger – immer wieder geis­tern diese Namen in den letzten Jahren im Zusam­men­hang mit den berüch­tigten „Cum-Ex-Geschäften“ durch die Medien.

Bereits Anfang der 1990er Jahre wurden Cum-Ex-Geschäfte bekannt und sind Teil des größten Steu­er­skan­dals in der deut­schen Geschichte. Im Jahr 2021 wurden besagte Geschäfte durch den Bundes­ge­richtshof als straf­bare Steu­er­hin­ter­zie­hung einge­ordnet.

Seitdem laufen in Deutsch­land zahl­reiche Straf­pro­zesse gegen die betei­ligten Akteure.

Doch was verbirgt sich hinter dem Begriff Cum-Ex und wie wird bei den jewei­ligen Geschäften vorge­gangen?

Basis der Geschäfte ist der Handel mit Aktien rund um den sog. Divi­den­den­stichtag. Ein Teil des Gewinns, den ein Unter­nehmen erwirt­schaftet hat, gibt es zu einem bestimmten Datum an die Akti­en­in­haber weiter. Diesen ausge­schüt­teten Gewinn bezeichnet man als Divi­dende.

Je nachdem, ob der Gewinn schon ausge­schüttet wurde, wird eine Aktie als Cum-Aktie (= Aktie mit Divi­den­den­an­spruch, also vor Gewinn­aus­schüt­tung) oder als Ex-Aktie (= Aktie ohne Divi­den­den­an­spruch, also nach Gewinn­aus­schüt­tung) bezeichnet.

Auf Divi­den­den­zah­lungen fällt in Deutsch­land grund­sätz­lich die Kapi­tal­ertrag­steuer von 25 % an. Finanz­in­sti­tute haben jedoch unter bestimmten Umständen einen Anspruch auf Rück­erstat­tung dieser gezahlten Kapi­tal­ertrag­steuer.

Diesen Rück­erstat­tungs­an­spruch machten sich die Anleger im Rahmen der Cum-Ex-Geschäfte zunutze, indem sie die Steuern durch scheinbar sinn­lose „Hin-und-Her-Käufe“ der Aktien gleich mehr­fach vom Staat zurück­for­derten, obwohl die Steuern nicht in der entspre­chenden Häufig­keit entrichtet worden war.

Wie genau die jewei­ligen Akteure dabei vorgingen, sei an folgendem Beispiel erläu­tert:

Bei jedem Cum-Ex-Geschäft waren mindes­tens drei Inves­toren bzw. Banken invol­viert; wir nennen sie in diesem Beispiel A, B und C.

A hält Aktien am X‑Unternehmen in Höhe von 10 Mio. Euro. Ihm steht eine Divi­dende in Höhe von 500.000 Euro zu.

Vor dem Divi­den­den­stichtag kauft B von C eben­falls Aktien des X‑Unternehmens in Höhe von 10 Mio. Euro. Aller­dings besitzt C diese Aktien noch gar nicht, weshalb die beiden Akteure verein­baren, dass B zwar sofort zahlt, C die Aktien aber erst später liefern muss (sog. „Leer­ver­kauf“).

Am Divi­den­den­stichtag zahlt das X‑Unternehmen an A nur 375.000 Euro von der diesem zuste­henden Divi­dende in Höhe von 500.000 Euro – die rest­li­chen 125.000 Euro werden als Kapi­tal­ertrag­steuer direkt an das Finanzamt über­wiesen.

A bekommt im Zuge dieses Verfah­rens ein Doku­ment, das die Abfüh­rung der Steuer an das Finanzamt beschei­nigt. Mithilfe dieser Beschei­ni­gung lässt A sich die Kapi­tal­ertrag­steuer vom Finanzamt zurück­er­statten.

Nach dem Divi­den­den­stichtag verkauft A seine Aktien am X‑Unternehmen wiederum an C. Aller­dings sind die Aktien nun nur noch 9,5 Mio. Euro wert, da die Divi­dende bereits gezahlt wurde.

C liefert die von A erhal­tenen Aktien im Wert von 9,5 Mio. Euro nun an B. Da B bereits einen Kauf­preis in Höhe von 10 Mio. Euro gezahlt hatte, leistet C eine entspre­chende Kompen­sa­ti­ons­zah­lung.

Nun kommt der entschei­dende „Clou“ an der Sache: B galt zum Zeit­punkt der Divi­den­den­aus­zah­lung aufgrund des Kauf­ver­trags mit C finanz­recht­lich bereits als wirt­schaft­li­cher Eigen­tümer der Aktien, obwohl C diese noch gar nicht gelie­fert hatte und A zu diesem Zeit­punkt noch Eigen­tümer war.

B konnte demgemäß geltend machen, dass er eine Cum-Aktie (also eine Aktie mit Divi­den­den­an­spruch) erworben hatte und damit auto­ma­tisch eine Kapi­tal­ertrag­steuer in Höhe von 125.000 Euro an das Finanzamt geflossen wäre – obwohl ja tatsäch­lich nur einmal Steuern abge­führt wurden, als A eine Divi­dende vom X‑Unternehmen erhielt.

Hier­durch erhält B sodann eben­falls eine Beschei­ni­gung über die vermeint­liche Abfüh­rung dieser Steuern und kann sich einen Betrag in Höhe von 125.000 Euro zurück­er­statten lassen, ohne dass das Finanzamt diesen Betrag jemals erhalten hat.

Im letzten Schritt verkauft B dann die Aktien an A, welcher die Aktie ursprüng­lich besessen hatte.

Am Ende tritt damit folgende Situa­tion ein: A war ursprüng­lich Inhaber der Aktien und ist es nun auch wieder. Die Aktien wurden scheinbar ledig­lich „im Kreis herum­ge­schoben“.

Durch die Verkäufe der Aktien haben A, B und C jedoch einen Gewinn in Höhe von 125.000 Euro „erwirt­schaftet“, welchen sie unter­ein­ander aufteilen.

In dieses Proze­dere waren über die letzten Jahr­zehnte zahl­reiche Banken, Anwälte und Poli­tiker invol­viert waren.

Was nun unter anderem Olaf Scholz, Peter Tsch­ent­scher und andere namhafte Personen mögli­cher­weise mit den Cum-Ex-Geschäften zu tun hatten, können Sie im zweiten Teil des Blog­bei­trags lesen.

Sollten Sie weitere Fragen haben oder Beschul­digter in einem Straf­ver­fahren oder Steu­er­ver­fahren (Steu­er­straf­ver­fahren) sein, so kontak­tieren Sie uns gerne.

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