elektronische Fußfessel - häusliche Gewalt

Die elektronische Fußfessel – Einsatz bei häuslicher Gewalt möglich?

Es ist eine trau­rige Wahr­heit: Täglich erleben Frauen erheb­liche Gewalt durch ihre Partner und Ex-Partner, die in einigen Fällen sogar tödlich endet. Statis­tisch gesehen kommt es pro Tag zu einem Tötungs­ver­such und an jedem dritten Tag verstirbt in Deutsch­land eine Frau aufgrund von Part­ner­schafts­ge­walt.

Um den laut Bundes­kri­mi­nalamt stei­genden Zahlen bei Part­ner­schafts­ge­walt entge­gen­zu­wirken, greifen Kontakt- bzw. Annä­he­rungs­ver­bote nach dem Gewalt­schutz­ge­setz (GewSchG), welche gericht­lich zumeist durch die Rechts­an­wälte der Gewalt­opfer durch­ge­setzt werden.

Mangels effek­tiver, staat­li­cher Kontroll­maß­nahmen verstoßen die Täter aller­dings in zuneh­mender Häufig­keit gegen die Anord­nungen. Zwischen 2017 und 2022 war laut Poli­zei­li­cher Krimi­nal­sta­tistik dies­be­züg­lich ein Anstieg von elf Prozent erkennbar.

Um genau dieses Problem zu lösen, begann Spanien im Jahr 2009 damit, den Aufent­haltsort der Täter elek­tro­nisch zu über­wa­chen. Sobald der Abstand zwischen Täter und Opfer weniger als 500 Meter beträgt, schlägt das Über­wa­chungs­system Alarm, sodass die Polizei recht­zeitig eingreifen kann.

In der Zeit von 2009 bis 2019 wurde laut einer krimi­no­lo­gi­schen Studie aus dem Jahr 2019 keine einzige Frau durch einen Mann, welcher einer solchen Über­wa­chung unterlag, getötet. Rund 95 % der geschützten Frauen gaben außerdem an, sich durch das Programm sicher und geschützt zu fühlen.

Frank­reich über­nahm das spani­sche Konzept bereits und in der Schweiz läuft derzeit ein entspre­chendes Pilot­pro­jekt.

Bisher gibt es in Deutsch­land keine vergleich­baren Kontroll­mög­lich­keiten. Nur in sechs der Bundes­länder ist der Einsatz einer elek­tro­ni­schen Fußfessel bei häus­li­cher Gewalt erlaubt, meist jedoch nur für die Dauer von einigen Tagen. Die Anord­nung des Tragens einer elek­tro­ni­schen Fußfessel ist weiterhin nicht zur Über­wa­chung von Annä­he­rungs­ver­boten zuge­lassen, sondern nur als kurz­fris­tige präven­tive Maßnahme zur Verhin­de­rung von Part­ner­schafts­ge­walt einsetzbar.

Abge­sehen von Fällen der häus­li­chen Gewalt kann das Tragen einer Fußfessel auch im Rahmen der Führungs­auf­sicht (§ 68b I 1 Nr. 12 StGB) ange­ordnet werden.

Prak­tisch wird die Möglich­keit der Anord­nung des Tragens einer Fußfessel von den Behörden bei Part­ner­schafts­ge­walt beinahe gar nicht genutzt.

Patrick Liesching, Vorsit­zender des Weißen Rings, hat den Bundes­jus­tiz­mi­nister Marco Busch­mann (FDP) persön­lich dazu aufge­for­dert, die Nutzung einer elek­tro­ni­schen Fußfessel nach spani­schem Vorbild auch in Deutsch­land zu ermög­li­chen. Auch Hessens Minis­ter­prä­si­dent Boris Rhein setzte sich für den Einsatz dieser Kontroll­mög­lich­keit ein.

Zur Umset­zung bedarf es einer bundes­recht­li­chen Rege­lung im GewSchG, welche im letzten Jahr von der Justiz­mi­nis­ter­kon­fe­renz der Bundes­länder vorge­schlagen wurde. Das Bundes­jus­tiz­mi­nis­te­rium hielt den Vorschlag im November 2023 aller­dings für unge­eignet und verwies auf die Verant­wor­tung der Bundes­länder.

Unab­hängig von diesem Kompe­tenz­pro­blem im Rahmen des Föde­ra­lismus, birgt der Einsatz einer elek­tro­ni­schen Fußfessel auch verfas­sungs­recht­liche Probleme. Immerhin stellt diese Art der Über­wa­chung einen erheb­li­chen Eingriff in die Grund­rechte des Betrof­fenen dar.

Vor allem greift hier das allge­meine Persön­lich­keits­recht des Täters (Art. 2 I GG i. V. m. Art. 1 I GG) in seiner konkreten Ausge­stal­tung des Daten­schutzes. Ob die bishe­rigen Anfor­de­rungen im GewSchG ausrei­chen, um einen solchen Eingriff zu recht­fer­tigen, erscheint zumin­dest zwei­fel­haft.

Falls es zu einer ernst­haften Diskus­sion über die Einfüh­rung einer elek­tro­ni­schen Fußfessel zur Kontrolle der Kontakt- und Annä­he­rungs­ver­bote kommen sollte, müssten die Vorgaben des Gewalt­schutz­ge­setzes an die recht­li­chen Voraus­set­zungen des Straf­ge­setz­buchs ange­passt werden, in welchem der Einsatz der Fußfessel im Rahmen einer ange­ord­neten Führungs­auf­sicht gere­gelt ist.

Sollten Sie weitere Fragen haben oder Beschul­digter in einem Straf­ver­fahren sein, so kontak­tieren Sie uns gerne.

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