Gesicht einer Katze

Die Strafbarkeit von „Catcalling“

Der Begriff „Catcal­ling“ (Im Engli­schen als Beschrei­bung für das Anlo­cken einer Katze verwandt) ist ein umgangs­sprach­li­cher Begriff, der jede sexuell konno­tierte, verbal kommu­ni­zierte Beläs­ti­gung ohne Körper­kon­takt erfasst – vom sexuell anzüg­li­chen Rufen, Hinter­her­pfeife bis hin zu sexis­ti­schen Bemer­kungen in der Öffent­lich­keit.

Doch inwie­fern ist Catcal­ling strafbar und welche Ände­rungen sind zukünftig zu erwarten?

Sexu­al­de­likte, wie der sexu­elle Über­griff gemäß § 177 StGB oder die sexu­elle Beläs­ti­gung gemäß § 184 j StGB, setzten die körper­liche Berüh­rung des Opfers voraus und erfassen damit die rein verbale Beläs­ti­gung nicht.

Damit das Catcal­ling unter den Straf­tat­be­stand der Belei­di­gung nach § 185 StGB fällt, reicht es nicht, dass der Täter das Opfer uner­wünscht mit seiner sexu­ellen Moti­va­tion konfron­tiert.

Ein Angriff auf die Ehre der konfron­tierten Person liegt viel­mehr nur dann vor, wenn der Täter durch seine Äuße­rung zum Ausdruck bringt, der/die Betrof­fene weise inso­weit einen seine Ehre mindernden Mangel auf (BGH 2 StR 415/17 Rn. 14).

Die Belei­di­gung nach § 185 StGB stellt gerade keinen Auffang­tat­be­stand zum Sexu­al­straf­recht dar und erfasst statt­dessen nur Angriffe auf das Rechtsgut der Ehre. Catcal­ling kann also durchaus unter der Norm des § 185 StGB fallen, aller­dings nicht in jedem denk­baren Fall.

Für Fälle, bei denen sich der Täter uner­wünscht sexuell gegen­über dem Opfer äußert, ohne dass es dabei zum Ausdruck eines die Ehre mindernden Mangels kommt, besteht derzeit keine Straf­bar­keit. Folg­lich kann durchaus eine Straf­bar­keits­lücke für entspre­chende Fälle fest­ge­stellt werden.

Immer wieder gibt es Initia­tiven, Catcal­ling, wie es in Frank­reich bereits der Fall ist, straf­recht­lich zu erfassen. Im Jahr 2020 erhielt eine Peti­tion dafür 70.000 Unter­schriften. Zuletzt forderte die SPD-Bundes­tags­frak­tion in einem Posi­ti­ons­pa­pier einen Straf­tat­be­stand für nicht körper­liche, sexu­elle Beläs­ti­gungen zu schaffen.

Grund hierfür ist, dass auch erheb­liche sexu­elle Beläs­ti­gungen nach der bestehenden Geset­zes­lage viel­fach nicht sank­tio­niert werden können.

Im Fall eines 11-jährigen Mädchens, welchem von einem 65-jährigen Mann auf öffent­li­cher Straße gesagt wurde, er wolle es begleiten, „weil er an ihre Muschi fassen wolle“, lag nach der einer Entschei­dung des BGH beispiels­weise keine entspre­chende Herab­set­zung der Ehre vor (BGH 2 StR 415/17, Rn. 14).

Genau wegen solcher Entschei­dungen sieht Justiz­mi­nis­terin Kathrin Wahl­mann (SPD) eine Geset­zes­lücke, die geschlossen werden muss. Auch verbale Beläs­ti­gungen müssen, so Wahl­mann, ab einer gewissen Erheb­lich­keits­schwelle strafbar sein. Dies insbe­son­dere deshalb, weil jede sexu­elle Beläs­ti­gung darauf ausge­legt sei, die beläs­tigte Person zum bloßen Sexu­al­ob­jekt zu degra­dieren und gerade bei Kindern und Jugend­li­chen die Gefahr bestehe, dass diese dadurch in ihrer Persön­lich­keits­ent­fal­tung behin­dert werden könnten.

Es bestehen jedoch verschie­dene Heraus­for­de­rungen für die Schaf­fung eines entspre­chenden Straf­tat­be­standes. Ein solcher müsste dem in Art. 20 Abs. 3 GG veran­kerten Bestimmt­heits­gebot genügen und eine Erheb­lich­keits­schwelle enthalten, um dem „ultima ratio“-Prinzips des Straf­rechts zu entspre­chen.

Es ist nicht die Aufgabe des Straf­rechts gesell­schaft­liche Moral­vor­stel­lungen zu verkör­pern, sondern viel­mehr solche Verhal­tens­weisen zu sank­tio­nieren, welche in einem beson­deren Maße schäd­lich und für das Zusam­men­leben in der Gesell­schaft uner­träg­lich sind (BVerfG 96, 245 (249)).

In Bezug auf das Catcal­ling stellt die Bestimmt­heit der Norm und die Fest­le­gung der Erheb­lich­keits­schwelle, insbe­son­dere aufgrund verschie­dener Wahr­neh­mungen und Wertungen von Aussagen, eine beson­dere Heraus­for­de­rung dar.

Zusam­men­fas­send kann fest­ge­halten werden, dass aktuell nicht jedwede Form des Catcal­lings strafbar ist.

Bezüg­lich der Schaf­fung eines eigenen Straf­tat­be­standes bestehen erheb­liche Hürden.

Sollten Sie weitere Fragen haben oder Beschul­digter in einem Straf­ver­fahren sein, so kontak­tieren Sie uns gerne.

Update 31. Oktober 2024

Erfahren Sie näheres hierzu auch in der neuen Podcast­folge mit Deutsch­land­funk Nova. Unsere Fach­an­wältin für Straf­recht Dr. Anthea Pitschel berichtet hier über die recht­li­chen Gege­ben­heiten in Deutsch­land zum Thema Catcal­ling.

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