Jens Lehmann beim Prozess um Nachbarschaftsstreitigkeiten

Jens Lehmann: Wenn Nachbarschaftsstreitigkeiten ausarten

Eine zu hoch gewach­sene Hecke, Geruchs­be­läs­ti­gung durch Ziga­ret­ten­rauch oder nächt­li­cher Party­lärm: Konflikte unter Nach­barn sind vor Gericht nichts Neues. Meis­tens landen die Parteien vor dem Zivil­ge­richt, um ihre Meinungs­ver­schie­den­heiten beizu­legen.

In Extrem­fällen kann es aller­dings auch zu einer Ankla­ge­er­he­bung durch die Staats­an­walt­schaft kommen.

So im folgenden Fall rund um den früheren Fußball-Natio­nal­tor­wart Jens Lehmann.

Der ehema­lige Torwart der deut­schen Natio­nal­mann­schaft musste sich unter anderem wegen Sach­be­schä­di­gung (§ 303 Abs. 1 StGB) und Haus­frie­dens­bruch (§ 123 Abs. 1 StGB) im Dezember 2023 vor dem Amts­ge­richt Starn­berg verant­worten.

Die tatsäch­li­chen Hinter­gründe der angeb­li­chen Tat erscheinen, wie es häufig bei Nach­bar­schafts­strei­tig­keiten vorkommt, durchaus bizarr:

Jens Lehmanns Nachbar, Herr Walter Winkel­mann, erhielt im Sommer 2022 einen Anruf von seinem Schwie­ger­sohn, welcher per Über­wa­chungs­ka­mera die Garage seines Schwie­ger­va­ters im Blick hatte und dort etwas Unge­wöhn­li­ches bemerkte.

Die Über­wa­chungs­ka­mera zeigte Lehmann, wie er ein Gerüst hinauf­klet­terte, angeb­lich, um dort die Strom­ver­sor­gung der Kamera abzu­trennen. Diese lief aller­dings noch mit Rest­strom weiter und bildete deshalb ab, wie Lehmann mit einer Ketten­säge an einem Dach­balken in der Garage seines Nach­barn ansetzte – danach stoppte das Video.

Die Staats­an­walt­schaft vermu­tete, dass Lehmann in die Garage ging, um den Dach­balken seines Nach­barn durch- bzw. anzu­sägen. Weiterhin soll er einen Baum auf Winkel­manns Grund­stück ohne dessen Einver­ständnis gefällt haben.

Lehmann behaup­tete, dass er „nur mal schauen wollte“, was sein Nachbar in der Garage „eigent­lich macht“. Die Ketten­säge habe er nur dabei­ge­habt, weil er zuvor eine Hecke gestutzt habe. Den Baum habe er wunsch­gemäß und nicht gegen den Willen seines Nach­barn gefällt.

Dieses Verhalten scheint die letzte Eska­la­tion eines schon länger bestehenden Konflikts zwischen den beiden Nach­barn gewesen zu sein. Die beiden Parteien hatten zuvor bereits münd­lich sowie durch den Austausch diverser Schrift­sätze, über den Neubau der Garage gestritten. Es ging hierbei wohl um den (mögli­cher­weise gefähr­deten) Ausblick auf den Starn­berger See.

Da es zu dieser Zeit schon drei „Atta­cken“ auf die Garage gegeben habe, habe Winkel­mann sich dazu veran­lasst gesehen, eine Über­wa­chungs­ka­mera zu instal­lieren. Zivil­recht­lich ist der Streit inzwi­schen beigelegt; Winkel­mann hat 60.000 Euro von Lehmann erhalten.

Doch mit den Bezich­ti­gungen seines Nach­barn nicht genug: Lehmann wird weiterhin vorge­worfen, er habe im März 2022 eine Poli­zei­be­amtin belei­digt, indem er sie als „durch­trie­bene Lügnerin“ bezeichnet und ihr gegen­über geäu­ßert habe, dass sie „eine Fehl­schal­tung im Gehirn“ habe (Belei­di­gung gem. § 185 StGB).

Außerdem sei er aus einem Park­haus gefahren, ohne vorher die Park­ge­bühr zu bezahlen (versuchter Betrug nach §§ 263 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB).

Der Ex-Natio­nal­tor­wart wies alle Vorwürfe der Staats­an­walt­schaft entschieden von sich. In wort­rei­chen Ausfüh­rungen, die die Rich­terin als „hane­bü­chene Geschichten“ bezeich­nete, habe Lehmann sich „durch­gängig als Opfer der Justiz“ darge­stellt. Er sprach von Rufmord und falscher Verdäch­ti­gung zu seinen Lasten. Zwischen­durch stellte Lehmann angeb­lich die Frage, was schlimmer sei: Mord oder Rufmord.

Als die Rich­terin im Rahmen der Befra­gung auf die persön­li­chen und finan­zi­ellen Verhält­nisse des – nach eigenen Worten – „arbeits­losen Fußball­trai­ners“ zu spre­chen kam, fragte er sie im Gegenzug, ob sie selbst verhei­ratet sei.

Trotz seiner Vertei­di­gungs­be­mü­hungen wurde Lehmann am 22.12.2023 vom AG Starn­berg zu einer Geld­strafe von 210 Tages­sätzen zu je 2.000 Euro verur­teilt und soll damit insge­samt 420.000 Euro zahlen.

Sowohl die Staats­an­walt­schaft, welche eine Frei­heits­strafe von zehn Monaten auf Bewäh­rung und eine Geld­auf­lage von 216.000 Euro gefor­dert hatte, als auch Lehmann haben gegen das Urteil Beru­fung einge­legt. In naher Zukunft wird sich also das Land­ge­richt München II mit dem nach­bar­schaft­li­chen Ketten­sägen-Fall ausein­an­der­setzen müssen. 

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