Rückansicht eines jungen Mannes der mit hochgezogenem Hoodie einen Weg entlang geht

Kein Bandendiebstahl bei „Alleingängen“ von Bandenmitgliedern

Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer […] als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt“ – so heißt es in § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB.

Im Gegensatz zum einfachen Diebstahl nach § 242 Abs. 1 StGB, dessen Begehung eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedeutet, geht mit einem sog. Bandendiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB eine erhebliche Strafverschärfung einher.

Umso wichtiger ist es, die Voraussetzungen des sog. Bandendiebstahls genau zu kennen und im Einzelfall in aller Gründlichkeit zu prüfen.

Zunächst setzt der Qualifikationstatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB das Vorliegen eines Diebstahls nach § 242 Abs. 1 StGB, mithin die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache in Zueignungsabsicht, voraus.

Hinzukommen müssen das Vorliegen einer Bande, d. h. eines Zusammenschlusses von mindestens drei Personen, die sich zur Begehung von Diebstählen oder Raubdelikten verbunden haben, sowie die Begehung des Diebstahls unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds.

Die Tatbestandsmerkmale eines Bandendiebstahls werden im Einzelnen innerhalb der Rechtsprechung und Literatur schon seit jeher diskutiert.

Zuletzt musste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage befassen, ob zwei Bandenmitglieder wegen eines Bandendiebstahls verurteilt werden können, wenn sie Diebstähle begehen, ohne dass sie das dritte Bandenmitglied darüber informierten.

Im Frühjahr 2019 schlossen sich die Angeklagten B, H und K zusammen und beschlossen nachts in verschiedene, zuvor durch B „ausbaldowerte“ Restaurants, darunter vor allem „Burger King“-Filialen, einzudringen, um dort den Inhalt der Tresore und Kassen sowie ggf. andere werthaltige Gegenstände zu entwenden.

B besorgte geeignete Spezialwerkzeuge, um in die Gebäude und an den Inhalt der Tresore zu gelangen. Er instruierte seine Komplizen H und K jeweils vor den Einbrüchen hinsichtlich der von ihm ausgesuchten Tatorte.

Bei diesen angekommen, gestaltete sich die Arbeitsteilung unter den Dreien meist wie folgt: Regelmäßig brachen H oder B in die Gebäude ein und einer der anderen Beteiligten stand vor den Gebäuden „Schmiere“. Die Beute wurde unter den drei Männern aufgeteilt.

In einigen Fällen begingen H und K die Taten allerdings ohne eine Beteiligung des B und teilten die Beute sodann hälftig unter sich auf. Die beiden verheimlichten diese Einbrüche nach eigenen Angaben vor B, weil dieser „ein solches eigenmächtiges Vorgehen nicht gebilligt“ hätte.

Das Landgericht Potsdam (LG Potsdam, Urt. v. 30. Juli 2021 – 24 KLs 11/20) stufte auch diese, nur unter Beteiligung von H und K begangenen Taten ebenfalls als Bandentaten ein und verurteilte H und K gem. § 244 I Nr. 2 StGB dementsprechend wegen Bandendiebstahls.

Der BGH sah dies jedoch anders: „Die Annahme des LG, dass es sich auch in [diesen Fällen] um Bandentaten handelte, entbehrt einer tragfähigen Beweiswürdigung.“ (BGH, Beschluss v. 15.11.2022 – 6 StR 68/22)

Zwar kann nach vorheriger […] Bandenabrede eine von nur zwei Mitgliedern verübte Tat als Bandentat zu qualifizieren sein; denn das für das Vorliegen einer Bande erforderliche dritte Mitglied muss nicht in die konkrete Tatbegehung eingebunden sein. Voraussetzung für die Annahme einer bandenmäßigen Begehungsweise ist neben der Mitwirkung eines weiteren Bandenmitglieds jedoch, dass die Einzeltat Ausfluss der Bandenabrede ist und nicht losgelöst davon ausschließlich im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten ausgeführt wird […].“

Im vorliegenden Fall entsprächen, so der BGH, die von H und K verübten Einbrüche „geradezu prototypisch“ dem „von der Bandenabrede vorgesehenen Tatbild“ und auch die initial getroffene Bandenabrede habe trotz der Alleingänge weiterhin Bestand, sodass B, H und K grundsätzlich weiterhin als Bande zu qualifizieren seien.

Es sei für die Annahme eines Bandendiebstahls weiterhin auch nicht notwendig, dass jedes Bandenmitglied zu jeder Zeit von jeder Tat der Bande Kenntnis habe.

Entscheidend sei jedoch, dass H und K hier allein aus eigennützigen Motiven handelten und B bewusst aus der Tatbegehung und der Aufteilung des Tatgewinns ausschließen wollten. Ihre zu zweit verübten Einbrüche stellten deshalb gerade keine Ausprägung der gemeinsam mit B getroffenen Bandenabrede und folglich auch keine Bandendiebstähle dar.

Nach Auffassung des BGH machten H und K sich diesbezüglich also „nur“ gem. §§ 242 Abs. 2, 25 Abs. 2 StGB wegen einfachen Diebstahls in Mittäterschaft strafbar. Eine dahingehende Strafbarkeit des B bestand nicht.

An diesem Fall zeigt sich erneut, welch großen Einfluss eine präzise Tatbestandsprüfung auf das Strafmaß haben kann – und wie unerlässlich es deswegen ist, jedes Sachverhaltsdetail auch hinsichtlich seiner Bedeutung für die rechtliche Prüfung in den Blick zu nehmen und einzelfallbezogen zu beurteilen.

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