Nahaufnahme einer Oberfläche in Cannabis-Grün

Update: Cannabis-Entkriminalisierung beschlossen

Der Bundestag hat am vergan­genen Freitag nach zahl­rei­chen Debatten (wir berich­teten hierzu: Die Entkri­mi­na­li­sie­rung von Cannabis – „Legal, aber…“ und Update: Die Cannabis-Entkri­mi­na­li­sie­rung kommt zum 01.04.2024) das Gesetz zum kontrol­lierten Umgang mit Cannabis und zur Ände­rung weiterer Vorschriften (Canna­bis­ge­setz) und damit eine kontrol­lierte Frei­gabe von Cannabis sowie eine damit einher­ge­hende Teil­le­ga­li­sie­rung beschlossen.

Zum 1. April 2024 sollen der Anbau und Besitz von bestimmten Mengen Cannabis für Voll­jäh­rige legal und damit straf­frei sein.

Nach dem Gesetz der Ampel-Koali­tion, welches nunmehr mehr­heit­lich ange­nommen wurde, dürfen Erwach­sene in der Öffent­lich­keit bis zu 25 Gramm Cannabis zum eigenen Verbrauch bei sich haben. In der eigenen Wohnung dürfen bis zu 50 Gramm Cannabis gela­gert sowie drei lebende Cannabis-Pflanzen ange­baut werden. Bringen die ange­bauten Pflanze eine Ernte von über 50 Gramm muss ein darüber hinaus­ge­hender Ertrag umge­hend vernichtet werden.

Das Konsu­mieren von Cannabis soll in der Öffent­lich­keit in der Zeit von 20 Uhr bis 7 Uhr erlaubt sein.

Für Jugend­liche und Kinder bleibt der Konsum von Cannabis auch nach dem 1. April 2024 ausnahmslos verboten. Im Hinblick auf den Schutz von Minder­jäh­rigen sollen verschie­dene Bestim­mungen getroffen werden. Der Konsum in der Gegen­wart von Minder­jäh­rigen ist auch im privaten Umfeld verboten. Weiterhin soll der öffent­liche Konsum in 100 Meter Luft­linie zum Eingangs­be­reich von Schulen, Jugend­ein­rich­tungen und Sport­stätten verboten sein. Minder­jäh­rige, die beim Konsum erwischt werden, werden verpflichtet, an einem Inter­ven­tions- und Präven­ti­ons­pro­gramm teil­zu­nehmen. Zudem sollen nach spätes­tens 18 Monaten die Auswir­kungen der Teil­le­ga­li­sie­rung auf den Jugend­schutz über­prüft werden.

Zum 1. Juli 2024 erlaubt werden sollen auch sog. „Anbau­ver­ei­ni­gungen“. In diesen nicht-kommer­zi­ellen Vereinen können bis zu 500 voll­jäh­rige Mitglieder mit Wohn­sitz im Inland Cannabis – bis zu 50 Gramm je Mitglied – gemein­schaft­lich anbauen und unter­ein­ander, bis zu einer zum Eigen­konsum abgeben. Personen zwischen 18 und 21 Jahren sollen maximal 30 Gramm pro Monat mit gerin­gerem Wirk­stoff­ge­halt (THC-Gehalt von bis zu 10 %) erhalten dürfen. Bezogen werden kann nur Cannabis in Rein­form, keine Mischungen mit Tabak oder Lebens­mit­teln. In den Clubs sollen zudem auch Samen und Steck­linge für den privaten Anbau verkauft werden dürfen. Die Clubs dürfen keine Werbung machen, Lager und Anbau­flä­chen müssen gesi­chert sein.

Die Anbau­ver­ei­ni­gungen sollen damit neben dem privaten Anbau die einige legale Bezugs­quelle von Cannabis in Deutsch­land darstellen. Die ursprüng­lich geplanten lizen­zierten Fach­ge­schäfte soll es vorerst nicht geben. Cannabis soll ggf. in Geschäften verkauft werden dürfen – dies jedoch nur noch in regio­nalen Modell­pro­jekten.

Das neue Gesetz und die damit einher­ge­hende Teil­le­ga­li­sie­rung kann sich auch auf den Stra­ßen­ver­kehr auswirken. Das Bundes­ver­kehrs­mi­nis­te­rium arbeitet noch an einer Rege­lung für eine THC-Grenze am Steuer – vergleichbar mit der Promille-Grenze, die für Alkohol gilt. Kompli­ziert ist dabei unter anderem, dass THC relativ lange im Blut nach­weisbar ist, selbst wenn die berau­schende Wirkung längst wieder nach­ge­lassen hat. Bis zum 31. März soll hier eine Lösung gefunden werden.

Die neue Geset­zes­lage geht aufgrund einer Amnestie-Rege­lung ferner mit viel­fa­chen Vorteilen für Personen einher, gegen welche aktuell ein straf­recht­li­ches Ermitt­lungs­ver­fahren wegen eines Verstoßes gegen das Betäu­bungs­mit­tel­ge­setz geführt wird oder welche bereits wegen eines Betäu­bungs­mit­tel­ver­stoßes verur­teilt wurden. So soll es nach dem Inkraft­treten des Gesetzes auch eine Amnestie von Verur­tei­lungen für solche Fälle geben, die künftig erlaubt sind.

Mit dem Erlass des neuen Gesetzes müssen laufende Straf­ver­fahren einge­stellt werden und nicht voll­streckte Strafen erlassen werden. Zudem müssen frühere Strafen aus dem Bundes­zen­tral­re­gister gelöscht werden.

Aufgrund der Amnestie rechnet der Deut­sche Rich­ter­bund derzeit mit einer notwen­digen Über­prü­fung von mehr als 100.000 Akten im Falle eines rück­wir­kenden Straf­er­lasses sowie einer damit einher­ge­henden massiven Über­las­tung der Justiz.

Wenn Sie in der Vergan­gen­heit für ein Vergehen verur­teilt wurden, das nach der neuen Geset­zes­lage nicht mehr strafbar ist, unter­stützen wir Sie gerne. Wir können insbe­son­dere für Sie bean­tragen, dass der Eintrag aus Ihrer Akte und dem Bundes­zen­tral­re­gister gelöscht wird.

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