Cannabis-Entkriminalisierung: Zwei Männer sitzen in einem Coffeeshop, einer raucht einen Joint

Update: Die Cannabis-Entkriminalisierung kommt zum 01.04.2024

Eine gute Nach­richt für alle, die die Entkri­mi­na­li­sie­rung von Cannabis schon seit langer Zeit herbei­sehnen: Obwohl die Verhand­lungen in der Ampel-Koali­tion diesen Monat stockten, konnten sich die Frak­tionen von SPD, FDP und Grünen schließ­lich mit dem Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­rium über einige Ände­rungen des geplanten Canna­bis­ge­setzes (CanG) einigen.

Geplant ist, dass das Gesetz nun Mitte Dezember im Gesund­heits­aus­schuss beraten und noch in derselben Woche im Bundestag verab­schiedet wird.

Die Rege­lungen zur Entkri­mi­na­li­sie­rung sollen am 01.04.2024 in Kraft treten, die Vorschriften zu den geplanten Anbau­ver­ei­ni­gungen (Die Entkri­mi­na­li­sie­rung von Cannabis – „Legal, aber…“) aller­dings erst ab Juli 2024.

Die Debatte inner­halb der Ampel-Koali­tion ergab einige wich­tige Neue­rungen:

Zum einen konnten FDP und Grüne einige Locke­rungen des Gesetzes durch­setzen.

Erstens ist die zuge­las­sene Canna­bis­menge aus dem Eigen­anbau auf 50 Gramm ange­hoben worden, wobei das zuläs­sige Gewicht ausdrück­lich die getrock­nete Menge betreffen soll. Im Ergebnis liegt die zuläs­sige Besitz­menge damit im öffent­li­chen Raum bei 25 Gramm und am Wohn­sitz oder gewöhn­li­chen Aufent­halt bei 50 Gramm Cannabis.

Darüber hinaus sollen sich Besitzer, die die Menge an erlaubtem Cannabis gering­fügig über­schreiten (bis zu 30 Gramm im öffent­li­chen Raum und bis zu 60 Gramm zuhause) nicht mehr strafbar machen, sondern nur noch eine Ordnungs­wid­rig­keit begehen.

Vor dem Hinter­grund des Verhält­nis­mä­ßig­keits­grund­satzes wird auch der Bußgeld­rahmen von zunächst 30.000 Euro bis zu 100.000 Euro auf nunmehr 10.000 Euro bis 30.000 Euro abge­senkt.

Auch die Möglich­keit des öffent­li­chen Konsums wurde libe­ra­li­siert, um den Poli­zei­auf­wand zu verrin­gern. Konsu­menten müssen nun nicht mehr 200 Meter Abstand zu Schulen, Kinder­gärten und Spiel­plätzen und den Anbau­ver­ei­ni­gungen halten, sondern es genügt der Aufent­halt außer Sicht­weite (regel­mäßig ca. 100 Meter Abstand).

Das speziell im Konsum­can­na­bis­ge­setz (KCanG) normierte Gebot der nach­bar­schaft­li­chen Rück­sicht­nahme beim privaten Eigen­anbau von Cannabis wird aufge­hoben. Mögliche aus einer Geruchs­be­läs­ti­gung resul­tie­rende Strei­tig­keiten müssen damit mittels der bestehenden Rege­lungen des Bürger­li­chen Gesetz­bu­ches gelöst werden.

Auf der anderen Seite sind aber auch einige Verschär­fungen des Gesetzes vorge­sehen:

So wurde vor allem der Minder­jäh­ri­gen­schutz noch stärker in den Blick genommen.

Die Anstif­tung und Beihilfe Minder­jäh­riger durch Erwach­sene zum Anbau oder Kauf von Cannabis wird künftig mit einer Frei­heits­strafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bedroht. Hinsicht­lich der gewerbs­mä­ßigen Abgabe von Cannabis erhöht sich die Mindest­frei­heits­strafe von einem Jahr auf zwei Jahre. Demje­nigen, der Jugend­liche oder Kinder zu banden­mä­ßigem Vorgehen oder zum Gebrauch von Schuss­waffen bzw. anderen gefähr­li­chen Gegen­ständen animiert, drohen eben­falls mindes­tens zwei Jahre Haft.

In diesem Zusam­men­hang erfährt auch das Betäu­bungs­mit­tel­ge­setz (BtMG) eine Neue­rung: Künftig soll gem. § 30 I Nr. 5 BtMG die vorsätz­liche Abgabe, das Verab­rei­chen oder Über­lassen von Betäu­bungs­mit­teln (also nicht nur von Cannabis) zum unmit­tel­baren Verbrauch durch Erwach­sene an Minder­jäh­rige mit mindes­tens zwei Jahren Frei­heits­strafe geahndet werden, sofern der Täter hierbei die Entwick­lung der minder­jäh­rigen Person mindes­tens leicht­fertig schwer gefährdet.

Über diese mate­ri­ell­recht­li­chen Verschär­fungen hinaus erlangen die Straf­ver­fol­gungs­be­hörden zudem weit­rei­chende Ermitt­lungs­be­fug­nisse, die in die §§ 100a,100b, 100j, 104 Abs. 2, 112a Abs. 1 und 443 Abs. 1 StPO aufge­nommen werden sollen.

Auf Wunsch des Bundes­rates dürfen bei schweren canna­bis­be­zo­genen Straf­taten verdeckte Ermitt­lungs­maß­nahmen ergriffen werden.

Außerdem greift bei schweren Canna­bis­de­likten in bestimmten Fällen der Haft­grund der Wieder­ho­lungs­ge­fahr, sodass eine Unter­su­chungs­haft des Beschul­digten ange­ordnet werden kann.

Auch eine Vermö­gens­be­schlag­nahme und die Durch­su­chung von Räumen zur Nacht­zeit werden in einigen Konstel­la­tionen gesetz­lich ermög­licht.

Last but not least soll eine Arbeits­gruppe bis zum 31.03.2024 einen THC-Grenz­wert für das Führen von Kraft­fahr­zeugen im Stra­ßen­ver­kehr vorschlagen, der im Anschluss durch den Gesetz­geber in der Fahr­erlaub­nis­ver­ord­nung fest­ge­schrieben werden soll.

Offen ist bisher immer noch, wie es mit dem geplanten Projekt zu Produk­tion, Vertrieb und Abgabe von Canna­bis­pro­dukten in lizen­zierten Fach­ge­schäften weiter­gehen soll (Die Entkri­mi­na­li­sie­rung von Cannabis – „Legal, aber…“) Ursprüng­lich sollte hierzu bis Jahres­ende ein Entwurf vorliegen – bislang wurde jedoch noch nicht einmal ein entspre­chendes Eckpunk­te­pa­pier vorge­legt.

Die Umset­zung dieses Teils der Cannabis-Lega­li­sie­rung wird sich also höchst­wahr­schein­lich weit in das Jahr 2024 verschieben.

NEWS 05.12.2023: KEIN CANNABIS-BESCHLUSS IM JAHR 2023 

Die für diesen Monat geplante Verab­schie­dung der Entkri­mi­na­li­sie­rung von Cannabis wurde durch die SPD verhin­dert.

Die für die letzte Sitzungs­woche des Jahres geplante finale Beschluss­fas­sung des Canna­bis­ge­setzes wird nicht statt­finden, weil die SPD-Frak­tion Bedenken gegen die Aufset­zung bekundet habe, so der in der SPD-Bundes­tags­frak­tion für das Thema Cannabis zustän­dige Gesund­heits­po­li­tiker Dirk Heiden­blut (MdB).

Gründe für die bestehenden Bedenken der SPD-Frak­tion sind bislang nicht bekannt.

Offen bleibt, ob das Gesetz wie geplant zum 01.04.2024 in Kraft treten wird – hierfür wäre eine Beschluss­fas­sung spätes­tens im Februar 2024 notwendig.

Sollten Sie weitere Fragen haben oder Beschul­digter in einem Straf­ver­fahren sein, so kontak­tieren Sie uns gerne.

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