Sexualdelikte Strafrecht Göttingen

Upskirting, Stealthing, Revenge Porn und Sextortion – die wichtigsten Fakten zu den neuen Sexualdelikten

Insbe­son­dere mit der zuneh­menden Digi­ta­li­sie­rung haben sich im Sexu­al­straf­recht einige neue straf­recht­lich rele­vante Verhal­tens­weisen heraus­ge­bildet. So werden straf­recht­liche Ermitt­lungs­ver­fahren immer häufiger wegen „Upskir­ting“, „Stealt­hing“, „Revenge Porn“ oder „Sextor­tion“ geführt.

Doch was verbirgt sich hinter diesen engli­schen Begriff­lich­keiten, die Eingang in die deut­sche Recht­spre­chung gefunden haben?

Das Upskir­ting bezeichnet ein Verhalten, bei dem der betrof­fenen Person – unbe­fug­ter­weise und meist heim­lich – eine Kamera bzw. ein Smart­phone unter den Rock gehalten und eine Foto- bzw. Film­auf­nahme getä­tigt wird. Regel­mäßig werden die Aufnahmen anschlie­ßend im Internet öffent­lich zugäng­lich gemacht.

Bis vor ca. drei Jahren gab es zum Upskir­ting (im Falle des Foto­gra­fie­rens des weib­li­chen Ausschnitts auch „Down­blou­sing“ genannt) noch keine geson­derte Vorschrift im Straf­ge­setz­buch. Es gab nur die Möglich­keit, ein straf­recht­li­ches Ermitt­lungs­ver­fahren wegen Belei­di­gung gem. § 185 StGB oder § 201a StGB anzu­strengen und zusätz­lich zivil­recht­lich gegen den/die Täter*in vorzu­gehen.

Vor dem Hinter­grund, dass porno­gra­phi­sche Inter­net­platt­formen, die die einschlä­gigen Aufnahmen zu Verfü­gung stellen, stetig wachsen und die Taten aufgrund der Verlet­zung der sexu­ellen Selbst­be­stim­mung als beson­ders verwerf­lich ange­sehen werden, entschied sich der Gesetz­geber das Upskirting/Downblousing als geson­dertes Sexu­al­de­likt in das deut­sche Straf­ge­setz­buch aufzu­nehmen und so explizit unter Strafe zu stellen.

Seit dem 01.01.2021 exis­tiert daher die Vorschrift des § 184k StGB, welche die „Verlet­zung des Intim­be­reichs durch Bild­auf­nahmen“ mit Frei­heits­strafe bis zu zwei Jahren oder mit Geld­strafe bestraft.

Das sog. Stealt­hing liegt – nach der Defi­ni­tion des Bundes­ge­richts­hofes – im Falle eines „gegen den erkenn­baren Willen des Sexu­al­part­ners heim­lich ohne Kondom ausge­führten Geschlechts­ver­kehrs“ vor.

Ein solches Verhalten erfor­dert zwar keine Nutzung des Inter­nets oder digi­taler Medien, wird aber unge­achtet dessen erst seit dem Jahr 2017 disku­tiert. Die straf­recht­liche Einord­nung dieses Verhal­tens war bis Ende des Jahres 2022 umstritten.

Als sich der BGH erst­mals mit einem Fall des Stealt­hing befassen musste, kamen die zustän­digen Richter*innen zu dem Ergebnis, dass jede konkrete sexu­elle Hand­lung auf das Vorliegen einer Einwil­li­gung geprüft werden muss (BGH Beschl. v. 13.12.2022 – 3 StR 372/22). Während uner­heb­liche Abwei­chungen noch keine Straf­bar­keit nach sich ziehen sollen, kann beim Stealt­hing nach Auffas­sung des BGH je nach Einzel­fall eine Verge­wal­ti­gung nach § 177 Abs. 1 StGB vorliegen.

Willigt eine Person in sexu­elle Hand­lungen unter Verwen­dung eines Kondoms ein, lasse sich diese Einwil­li­gung nicht auf einen Verkehr ohne Kondom ausweiten. Diese Wertung schloss der BGH vor allem aus dem Umstand, dass beim Stealt­hing mangels Nutzung eines Kondoms die erhöhte Wahr­schein­lich­keit für eine Über­tra­gung von Geschlechts­krank­heiten bestehe und stützte seine Entschei­dung zu dem auf die gesetz­lich in § 32 Abs. 1 Prost­SchG veran­kerte Kondom­pflicht.

Sextor­tion“ lässt sich im Grunde als sexu­elle Erpres­sung im Internet beschreiben. Es gibt hierbei zwei verschie­dene Vorge­hens­weisen der Täter*innen.

Zum einen gibt es Fälle, in denen die Täter*innen online – häufig über soziale Medien – zunächst Kontakt mit den später Betrof­fenen aufnehmen. Nach einiger Zeit werden diese zu sexu­ellen Hand­lungen in einem gemein­samen Video­chat aufge­for­dert und anschlie­ßend mit der Veröf­fent­li­chung entspre­chender Aufnahmen erpresst.

Zum anderen erhalten die Betrof­fenen E‑Mails, in denen die Täter*innen behaupten, bereits im Besitz kompro­mit­tie­render Film­auf­nahmen zu sein. Häufig wird behauptet, dass das Smart­phone oder der Computer der Betrof­fenen gehackt worden sei. Um glaub­würdig zu wirken, werden oftmals private Daten der Geschä­digten aus dem Darknet entnommen und diesen als „Beweis“ vorge­halten.

In der Regel werden die Geschä­digten sodann aufge­for­dert, Geld­be­träge in Kryp­to­wäh­rung auf bestimmte digi­tale Geld­börsen zu über­weisen, um die ange­drohte Veröf­fent­li­chung von Videos zu verhin­dern.

In den meisten Fällen solcher Verhal­tens­weisen werden sich die Täter*innen einer (zumin­dest versuchten) Erpres­sung gem. § 253 Abs. 1, 2 StGB strafbar gemacht haben. Je nach konkreter Sach­lage können zusätz­lich eine Verlet­zung des höchst­per­sön­li­chen Lebens­be­reichs und von Persön­lich­keits­rechten durch Bild­auf­nahmen (§ 201a StGB) sowie verschie­dene Sexu­al­de­likte durch Verbrei­tung, Erwerb und Besitz porno­gra­phi­scher Schriften (§§ 184, 184b, 184c StGB) oder durch Verlet­zung des Intim­be­reichs durch Bild­auf­nahmen (§ 184k StGB) vorliegen.

Im Falle eines sog. Revenge Porn veröf­fent­li­chen die Ex-Partner*innen Bild- oder Video­auf­nahmen mit sexu­ellem Inhalt, auf welchem die Betrof­fenen zu sehen sind. Die jewei­ligen Aufnahmen wurden während der gemein­samen Bezie­hung mit beider­sei­tigem Einver­ständnis aufge­nommen und waren nicht für die Öffent­lich­keit bestimmt.

Wie es der Name bereits erwarten lässt, erhoffen sich die Täter*innen durch dieses Verhalten irgend­eine Form von Rache auszu­üben, indem sie die Geschä­digten durch die Veröf­fent­li­chung der Aufnahmen demü­tigen und beschämen. Von diesem straf­be­wehrten Verhalten zu unter­scheiden ist der sog. „Deepfake Porn“, bei dem mithilfe von künst­li­cher Intel­li­genz das Gesicht der Betrof­fenen auf eine belie­bige porno­gra­phi­sche Aufnahme mit einem anderen Gesicht ausge­tauscht wird.

Die Veröf­fent­li­chung solcher Videos kann im Einzel­fall gem. § 201a Abs. 1 Nr. 5 StGB in Form des unbe­fugten Zugäng­lich­ma­chens von befugt herge­stellten Bild­auf­nahmen strafbar sein. Den Täter*innen droht eine Frei­heits­strafe von bis zu zwei Jahren.

Ange­sichts der Tatsache, dass für das Upskir­ting ein geson­derter Sexu­al­straf­be­stand geschaffen wurde, erscheint es zumin­dest möglich, dass der Gesetz­geber auch im Falle des Revenge Porn inso­fern nach­helfen wird.

Sollten Sie weitere Fragen haben oder Beschul­digter in einem Straf­ver­fahren sein, so kontak­tieren Sie uns gerne.

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