Haschischplätzchen - MPP Strafrecht Göttingen

Von Haschischplätzchen und zertrümmerten Schoko-Weihnachtsmännern

Weihnachten – Fest der Nächstenliebe und Besinnlichkeit?

Wenn man sich einschlägige Statistiken anschaut, ist wohl eher das Gegenteil der Fall. So häufen sich während der Adventszeit insbesondere Gewaltdelikte innerhalb von Familien und Partnerschaften.

Dass sogar die allseits beliebten Weihnachtsleckereien eine Rolle bei Straftaten spielen können, zeigen folgende kurios anmutende Fälle:

An Heiligabend im Jahr 2020 wollte ein Wismarer Ehepaar die selbst gebackenen Weihnachtsplätzchen ihrer Tochter genießen, wurde jedoch kurz nach dem Verzehr mit Schwindel, Übelkeit und Herzrasen ins Krankenhaus eingeliefert.

Dort stellte sich heraus, dass die 24-jährige Tochter der beiden den Plätzchenteig mit Haschisch vermengt hatte – natürlich ohne ihre Eltern davon zu unterrichten.

Sie erhoffte sich dadurch wohl, die Stimmung beim Weihnachtsfest ein bisschen zu heben.

Die Kekse wurden durch die Polizei sichergestellt, welcher daraufhin wegen gefährlicher Körperverletzung und möglicher Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz gegen die Tochter ermittelte.

Ein fast identischer Fall ereignete sich im Jahr 2014 in Rockenhausen. Dort brachte der damals Angeklagte an Heiligabend bei seinem Besuch im Elternhaus selbstgebackene Kekse mit, die er zuvor mit Haschisch versetzt hatte und legte diese offen zum Verzehr auf den Tisch.

Mehrere Familienmitglieder, darunter auch minderjährige Personen, bedienten sich an dem Mitbringsel. Eine der Personen litt nach dem Verspeisen unter Schweißausbrüchen und Zitteranfällen.

Das Amtsgericht Rockenhausen verurteilte den damals Angeklagten wegen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren, des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe.

Nach eingelegter Revision stellte das Oberlandesgericht Zweibrücken (Beschl. v. 11.02.2016 – 1 OLG 1 Ss 2/16) unter Berufung auf die einschlägige Rechtsprechung des BGH jedoch fest:

Eine gefährliche Körperverletzung gem. § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB unter Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen setze voraus, dass nicht nur eine einfache Gesundheitsschädigung verursacht werde, sondern dass die verwendete Substanz im Einzelfall mit der konkreten Gefahr einer erheblichen Schädigung verbunden sein müsse. Schweißausbrüche und Zittern würden hierfür nicht ausreichen.

Darüber hinaus sei nicht mit Sicherheit festgestellt worden, ob der Angeklagte die gesundheitlichen Beschwerden bei seinem Familienmitglied tatsächlich vorsätzlich hervorgerufen hatte.

Auch im Hinblick auf die unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln gem. § 29a I Nr. 1 Var. 1 BtMG äußerte das OLG Zweifel. Um den Tatbestand zu erfüllen, müsse der Täter die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Rauschgift verlieren. Ob dies der Fall sei, wenn die Kekse offen zum Verzehr bereitstanden und sich der Übergebende in gewisser räumlicher Nähe befand, sei nicht ausreichend erörtert worden.

Im selben Jahr hatte ein Inhaftierter der Justizvollzugsanstalt Rosdorf zur Weihnachtszeit ganz andere Sorgen:

Dieser ließ sich von seinen Eltern per Post einen Schokoladenweihnachtsmann in die Justizvollzugsanstalt schicken. Dort kam die Süßware allerdings nicht bei ihrem Empfänger an, sondern wurde auf Anweisung der Anstaltsleitung schon am Posteingang beschlagnahmt.

Schoko-Weihnachtsmänner würden nach Ansicht der JVA als Hohlkörper die Möglichkeit bieten, unerlaubte Gegenstände (z. B. SIM-Karten, Drogen oder Waffen) in die Anstalt zu transportieren.

Der Insasse bestand jedoch auf sein Weihnachtsgeschenk und ließ es sich nicht nehmen, vor dem Landgericht Göttingen auf Herausgabe des Schoko-Weihnachtsmanns zu klagen.

Hier scheiterte er jedoch: Das Landgericht stimmte der JVA Rosdorf in deren Einschätzung zu und betonte außerdem, dass sich das Risiko auch nicht durch die Untersuchung mit einem Röntgengerät oder Einsatz eines Drogenspürhundes mit Sicherheit ausschließen lassen würde. Letzteres käme insbesondere aus hygienischen Gründen nicht in Betracht und eine Röntgenaufnahme könne nur eine organische Masse im Hohlkörper abbilden und nicht darstellen, ob die Schokolade selbst angereichert oder ausgetauscht worden sei.

Zum Weihnachtsfest konnten sich die JVA und der Insasse jedoch auf eine pragmatische Lösung einigen: Der Schoko-Weihnachtsmann wurde unter Aufsicht des Anstaltspersonals zertrümmert und konnte im Anschluss verzehrt werden.

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