Mehrere parkende E-Scooter vor einer Wand mit Graffiti

Vorsicht bei der Nutzung von E‑Scootern – don’t drink and drive

Die Nutzung von E‑Scootern erfreut sich vor allem bei jungen Menschen großer Beliebt­heit. Insbe­son­dere nach einer durch­fei­erten Nacht kann die Verlo­ckung groß sein, spontan auf einen der Roller zurück­greifen, um den Nach­hau­seweg zeit­lich zu verkürzen.

Sollte man am betref­fenden Abend aller­dings Alkohol konsu­miert haben, ist von einer solchen Nacht­fahrt ausdrück­lich abzu­raten:

Denn: bei einer Trun­ken­heits­fahrt mit einem E‑Scooter drohen Geld- bzw. Frei­heits­strafe und der Entzug der Fahr­erlaubnis.

Es spre­chen viele Gründe dafür, E‑Scooter mit Fahr­rä­dern gleich­zu­setzen oder zumin­dest als fahr­rad­ähn­li­ches Verkehrs­mittel einzu­stufen. So reicht die Gefähr­lich­keit eines E‑Scooters aufgrund der maxi­malen Fahr­ge­schwin­dig­keit von zumeist 20 km/h nicht an die eines Kraft­fahr­zeugs heran, ein E‑Scooter wird oftmals auf dem Fahr­radweg und nicht im flie­ßenden Verkehr geführt und es bedarf keiner Fahr­erlaubnis für die Nutzung.

Die ober­ge­richt­liche Recht­spre­chung macht in der recht­li­chen Bewer­tung jedoch zumeist keinen Unter­schied zwischen einer Fahrt mit einem E‑Scooter und einer Fahrt mit einem Kraft­fahr­zeug.

E‑Scooter werden danach – mit weit­rei­chenden Konse­quenzen – aufgrund ihres elek­trisch betrie­benen Motors Kraft­fahr­zeugen gleich­ge­stellt:

Zum einen wird gem. § 316 Abs. 1, 2 StGB mit Geld­strafe oder Frei­heits­strafe bis zu einem Jahr bestraft, wer im Verkehr vorsätz­lich oder fahr­lässig ein Fahr­zeug führt, obwohl er infolge des Genusses alko­ho­li­scher Getränke oder anderer berau­schender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahr­zeug sicher zu führen.

Beim Führen von Pkw wird ab einer Blut­al­ko­hol­kon­zen­tra­tion von 1,1 Promille unwi­der­leg­lich eine abso­lute Fahr­un­tüch­tig­keit ange­nommen.

Findet nun im alko­ho­li­sierten Zustand eine Fahrt mit einem E‑Scooter statt, muss sich der Fahrer auf die Einlei­tung eines Ermitt­lungs­ver­fah­rens und in den meisten Fällen auf eine straf­recht­liche Verur­tei­lung einstellen, sofern eben­diese für Kraft­fahr­zeuge fest­ge­legte Alko­hol­kon­zen­tra­tion von 1,1 Promille oder mehr in seinem Blut nach­ge­wiesen wird.

Doch damit noch nicht genug. Wer betrunken E‑Scooter fährt und deshalb verur­teilt wird, muss außerdem damit rechnen, dass sein Führer­schein einge­zogen und die Fahr­erlaubnis entzogen wird.

Diese Maßregel resul­tiert aus der Vorschrift des § 69 Abs. 1 S. 1 StGB, in welcher es heißt: „Wird jemand wegen einer rechts­wid­rigen Tat, die er bei oder im Zusam­men­hang mit dem Führen eines Kraft­fahr­zeuges oder unter Verlet­zung der Pflichten eines Kraft­fahr­zeug­füh­rers begangen hat, verur­teilt […], so entzieht ihm das Gericht die Fahr­erlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraft­fahr­zeugen unge­eignet ist.“

Gem. § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist der Täter in der Regel als unge­eignet zum Führen von Kraft­fahr­zeugen anzu­sehen, wenn er gem. § 316 Abs. 1, 2 StGB wegen einer Trun­ken­heit im Verkehr verur­teilt wurde.

Durch die Formu­lie­rung „in der Regel“ sieht das Gesetz in Abwei­chung zu § 69 Abs. 1 S. 1 StGB im Falle einer Trun­ken­heits­fahrt gem. § 316 Abs. 1, 2 StGB theo­re­tisch die Möglich­keit vor, von der Entzie­hung der Fahr­erlaubnis abzu­sehen, wenn beson­dere Umstände vorliegen.

Die zum Ausdruck kommende Regel­ver­mu­tung kann inso­fern wider­legt werden. Dies setzt die posi­tive Fest­stel­lung von Anhalts­punkten dafür voraus, dass ein Ausnah­me­fall gegeben ist und die Tat Ausnah­me­cha­rakter im Hinblick auf die mangelnde Eignung zum Führen von Kraft­fahr­zeugen hat. Eine Ausnahme wegen in der Tat liegender Umstände setzt voraus, dass diese sich hinsicht­lich Gewichts, Anlass, Moti­va­tion oder sons­tiger Umstände vom Durch­schnitts­fall deut­lich abhebt.

Ein solcher beson­derer Umstand könnte darin gesehen werden, dass sich der Beschul­digte im Rahmen der Trun­ken­heits­fahrt nicht in einem Pkw, sondern auf einem E‑Scooter fort­be­wegt hat.

Immerhin könnte anzu­nehmen sein, dass jemand, der alko­ho­li­siert E‑Scooter fährt, für andere Stra­ßen­ver­kehrs­teil­nehmer nicht ansatz­weise so gefähr­lich ist wie ein betrun­kener Pkw-Fahrer.

Das Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt sieht dies aller­dings anders.

Im Juni 2023 entschieden die zustän­digen Richter, dass die Fahr­erlaubnis auch bei Trun­ken­heits­fahrten mit E‑Scootern zu entziehen sei (OLG Frank­furt am Main, Urt. v. 08.05.2023, Az. 1 Ss 276/22) und stellt E‑Scooter damit Kraft­fahr­zeugen gleich.

Wenn Fußgänger oder Radfahrer durch die Kolli­sion mit einem E‑Scooter stürzen würden, könne dies zu erheb­li­chen bzw. tödli­chen Verlet­zungen führen. Außerdem könnten alko­hol­be­dingte Fahr­fehler dazu führen, dass stärker moto­ri­sierte Verkehrs­teil­nehmer zu gefähr­li­chen Ausweich­ma­nö­vern gezwungen würden.

Ob Zusam­men­stöße mit E‑Scootern tatsäch­lich zu mehr bzw. folgen­rei­cheren Unfällen führen als im Zusam­men­hang mit Fahr­rä­dern wurde durch das Gericht nicht thema­ti­siert.

Zudem sollte nicht unbe­achtet bleiben, dass auch Fahr­fehler eines alko­ho­li­sierten Fahr­rad­fah­rers Ausweich­ma­növer anderer Fahr­zeug­führer provo­zieren können.

Der pauschale Entzug der Fahr­erlaubnis – ohne Würdi­gung der Umstände des Einzel­falls – erscheint vor dem Hinter­grund solcher Erwä­gungen also zumin­dest frag­lich.

Das Land­ge­richt Dort­mund vertritt die Ansicht, dass E‑Scooter hinsicht­lich ihrer Gefähr­lich­keit und ihres Gewichts eher mit Fahr­rä­dern als mit Autos gleich­zu­setzen seien.

Und auch das Land­ge­richt Osna­brück sah im Falle eines betrun­kenen E‑Scooter-Fahrers im August 2023 ausdrück­lich vom Einzug des Führer­scheins ab.

Inner­halb der gericht­li­chen Recht­spre­chung besteht also durchaus Unei­nig­keit über die Behand­lung von Trun­ken­heits­fahrten mit E‑Scootern.

Vermut­lich ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich der Bundes­ge­richtshof mit dieser Frage ausein­ander zu setzen hat. 

Sollten Sie weitere Fragen haben oder Beschul­digter in einem Straf­ver­fahren sein, so kontak­tieren Sie uns gerne.

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