Vorwurf Untreue § 266 StGB
Begrenzter Täterkreis: Untreue kann nur von Personen begangen werden, die eine Vermögensbetreuungspflicht haben oder über fremdes Vermögen verfügen dürfen. Dies betrifft insbesondere Geschäftsführer, Buchhalter, Treuhänder oder Vermieter.
Missbrauchstatbestand: Der Täter überschreitet bewusst die ihm eingeräumten Befugnisse über fremdes Vermögen.
Treuebruchtatbestand: Der Täter verletzt seine Pflicht, fremde Vermögensinteressen zu schützen.
Vermögensschaden: Voraussetzung ist ein konkreter Nachteil für das Vermögen des Geschädigten. Auch eine erhebliche Vermögensgefährdung kann ausreichen.
Strafe bei Untreue: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren.
Strafe bei besonders schweren Fällen: Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren.
Vorsatz erforderlich: Der Täter muss vorsätzlich gehandelt haben. Ein Einverständnis des Vermögensinhabers schließt die Strafbarkeit aus.
Die Abwicklung finanzieller Transaktionen ist ein zentraler Bestandteil der Wirtschaft und unverzichtbar für deren Funktionieren. Dabei können jedoch leicht Grenzen überschritten werden, die strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können. Wenn eine bestimmte Position ausgenutzt wird, um sich selbst einen finanziellen Vorteil zu verschaffen, kann dies den Straftatbestand der Untreue gemäß § 266 StGB erfüllen. Untreue liegt vor, wenn eine Person vorsätzlich ihre Befugnis zu verpflichtenden oder verfügenden Handlungen missbraucht oder gegen eine ihr übertragene Vermögensbetreuungspflicht verstößt.
Als Mitarbeiter oder Kassierer in die Kasse gegriffen, als Bankmitarbeiter Geld von einem Kundenkonto auf das eigene Konto überwiesen, Geldmittel außerhalb der eigenen Buchhaltung vereinnahmt – die möglichen Konstellationen strafbarer Untreuehandlungen sind vielfältig.
Wenn Sie eine polizeiliche Vorladung wegen dem Vorwurf der Untreue gem. § 266 StGB erhalten haben, ist es besonders wichtig, dass Sie Ruhe bewahren.
Sie sind als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren wegen Untreue nicht verpflichtet Angaben bei der Polizei zu machen.
In jedem Fall sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen, um einen möglichst günstigen Ausgang des Verfahrens zu erwirken, da im Falle einer Verurteilung wegen des strafrechtlichen Vorwurfes der Untreue durchaus hohe Strafen drohen können.
Wann ist Untreue strafbar?
In objektiver Hinsicht ist der Tatbestand des § 266 StGB erfüllt, wenn Sie eine Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen (Alt.1 Missbrauchstatbestand) oder eine aufgrund eines Treueverhältnisses bestehende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt haben (2. Alt. Treuebruchtatbestand) und es dadurch zu einem Nachteil hinsichtlich des Vermögens einer anderen Person gekommen ist. Umgangssprachlich wird oftmals nicht von Untreue, sondern von der „Veruntreuung von Geldern“ gesprochen.
Der Missbrauchstatbestand sowie der Treuebruchtatbestand setzen eine Vermögensbetreuungspflicht voraus. Das bedeutet, dass der mögliche Täter aufgrund eines tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisses die Kompetenz haben muss an Stelle des Vermögensinhabers handeln zu können. Diese Befugnis müsste dem Täter gerade zur Erfüllung einer im Interesse des Berechtigten liegenden Aufgabe eingeräumt sein. Sie kann aufgrund eines Gesetzes, eines behördlichen Auftrages oder Rechtsgeschäfts bestehen. Die Vermögensbetreuungspflicht könnte sich beispielsweise durch eine Vormundschaft, Betreuung, Insolvenzverwaltung, ein Auftragsverhältnis, ein Dienst- oder Gesellschaftsvertrag oder die Anerkenntnis von Schulden ergeben.
Missbrauchstatbestand
Im Falle des Missbrauchstatbestandes muss dem Täter das Recht eingeräumt worden sein, haben, über fremdes Vermögen entscheiden zu können. Diese Befugnis kann sich kraft Gesetzes (z. B. Vormund, Nachlassverwalter, Gerichtsvollzieher), durch behördlichen Auftrag (z. B. Finanzbeamter) oder durch ein Rechtsgeschäft (z. B. Prokurist, Vorstandsmitglied, Rechtsanwalt, Treuhänder, Filialleiter) ergeben.
Treuebruchtatbestand
Im Falle des Treuebruchtatbestandes müsste der Täter Inhaber einer Treuepflicht sein. Es müsste insofern die Pflicht bestehen, die Vermögensinteressen eines Dritten zu betreuen und somit auch einen möglichen Vermögensnachteil abzuwenden. Diese Pflicht muss dabei als Hauptpflicht ausgestaltet sein.
Der Treuebruchtatbestand ist weiter als der Missbrauchstatbestand. Es genügt, anders als im Falle des Missbrauchstatbestandes, wenn dem Täter eine tatsächliche Einwirkungsmacht auf das betroffene Vermögen aufgrund eines faktischen Treueverhältnisses zukommt. Eine Treuepflicht besteht etwa bei Anlageberatern, Betriebsräten, Buchhaltern, dem geschäftsführenden Gesellschafter einer GbR, dem Geschäftsführer einer GmbH oder dem Vermieter einer Wohnung.
Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
Der Täter müsste die eingeräumte Befugnis über ein fremdes Vermögen zu verfügen missbraucht haben. Konkret bedeutet dies, dass er eine wirksame Verpflichtung oder Verfügung vorgenommen haben müssen, die das Vermögen des Inhabers belastet und die Verfügung dabei nicht von seiner Kompetenz umfasst war. Konkret müsste er die Grenzen seines rechtlichen Dürfen (Innenverhältnis) im Rahmen seines rechtlichen Könnens (Außenverhältnis) gegenüber dem Vermögensinhaber überschritten haben. Der dadurch begründete Verstoß muss ferner speziell gegen die Vermögensinteressen des Geschäftsherrn gerichtet sein.
Die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht kann auch in einem Unterlassen – der Nichtvornahme einer Handlung bestehen –, wenn die Vornahme einer Handlung gerade erforderlich gewesen wäre. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Täter eine konkrete Gewinnmöglichkeit nicht wahrgenommen hat, obwohl eine gesicherte Aussicht des Treugebers auf einen Vorteil bestand.
Taterfolg: Vermögensnachteil
Durch die Tathandlung müsste dem Inhaber des betreuten Vermögens ein Nachteil bzw. ein Schaden zugefügt worden sein. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach dem sogenannten Prinzip der Gesamtsaldierung. Demnach liegt ein Vermögensschaden vor, wenn der Wert des (Gesamt-) Vermögens nach dem schadensbegründenden Ereignis (der Vermögensverfügung) des Täters geringer ist als vor diesem Ereignis. Darüber hinaus muss der Schaden auch unmittelbar durch die Pflichtverletzung des Täters eingetreten sein.
Grundsätzlich genügt jedoch der Eintritt einer Vermögensgefährdung. Eine solche liegt dann vor, wenn die Realisierung des Schadens nach den Umständen des Einzelfalls nahe liegt und die Gefahr des Eintritts als sehr wahrscheinlich zu beurteilen ist. Als Beispiel hierfür sind die Verschiebung von Treuhandgeldern auf ein Konto oder die Entnahme von Geschäftsanteilen einer GmbH zu nennen.
Subjektiver Tatbestand
In subjektiver Hinsicht setzt der Tatbestand der Untreue voraus, dass der Täter vorsätzlich gehandelt hat. Der Vorsatz muss sich auf die konkrete Pflichtverletzung, mithin den Missbrauch der Vermögensbetreuungspflicht beziehen. Hierbei ist es ausreichend, dass der Täter die seiner Pflichtenstellung zugrunde liegenden Tatsachen kennt und diese einordnen kann. Darüber hinaus muss der Täter auch hinsichtlich des Vermögensnachteils vorsätzlich gehandelt haben. Liegt hingegen ein Einverständnis des Vermögensinhabers vor, scheidet eine Strafbarkeit wegen Untreue aus.
Untreue in einem besonders schweren Fall
Gem. § 266 Abs. 2 StGB ist die Untreue auch in einem besonders schweren Fall möglich. Die Vorschrift verweist auf § 263 Abs. 3 StGB, welcher fünf Regelbeispiele normiert.
Besonders bedeutend ist § 263 Abs. 3 Nr. 2 Var. 1 – der Vermögensverlust großen Ausmaßes. Ein solcher liegt vor, wenn die Höhe der verfolgbaren Schadensverursachung außergewöhnlich hoch ist. Der Verlust eines Teils oder gar des gesamten Vermögens muss tatsächlich eingetreten sein. Die Größe des Ausmaßes ist objektiv zu bestimmen. Grundsätzlich wird nach herrschender Rechtsprechung bei einem Richtwert von 50.000 Euro ein Vermögensverlust großen Ausmaßes angenommen.
Eine weitere bedeutende Alternative stellt die Untreue im Amt gem. §§ 266 Abs. 2 i. V. m. 263 Abs. 3 Var. 4 StGB dar. Ein Fall der Untreue im Amt kommt immer dann in Betracht, wenn ein Amtsträger seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht. Angenommen wird ein Fall der Untreue im Amt beispielweise dann, wenn das Vermögen durch Verwaltungshandlungen des Vorsitzenden einer Aktiengesellschaft oder des Geschäftsführers einer GmbH während der Festsetzung, der Einnahme oder der Verwaltung von Steuern, Abgaben oder Gebühren oder anderen Einnahmequellen geschädigt wird.
Klassische Fälle im Bereich der Untreue
Schwarze Kassen
Ein klassischer Fall der Untreue ist die Bildung sogenannter „schwarzer Kassen“. Ausgangspunkt hierbei ist, dass eine angestellte Person einer juristischen Person (eines Unternehmens mit eigener Rechtstätigkeit) ohne wirksame Einwilligung der über das Vermögen bevollmächtigten Personen, Vermögenswerte entzieht, um sie zu eigenen Zwecken oder zum Teil auch im Interesse des Treugebers zu verwenden. Häufig werden Gelder eines Unternehmens unter Ausschluss der Buchführung verwendet, um verdeckte Konten zu errichten oder zu unterhalten und Schmiergeldzahlungen zu veranlassen. Schon das „Einrichten dieser „schwarzen Kasse“ führt dazu, dass der Vermögensinhaber dauerhaft nicht mehr auf das Vermögen zugreifen kann, wodurch sein Vermögen unmittelbar gefährdet ist.
Kick-Back-Zahlungen
Eine weitere häufig vorgenommene Tathandlung im Bereich der Untreue sind sogenannte Kick-Back Zahlungen. Dazu zählen Schmiergeldzahlungen, Rückvergütungszahlungen oder Bestechungsgeldzahlungen. Meist wird der Abschluss eines Liefer- oder Dienstleistungsvertrages von der Zahlung eines Schmiergeldes abhängig gemacht. Das bedeutet, dass dem Vertreter einer vertragsschließenden Partei, z. B. dem Geschäftsführer einer GmbH, vom Geschäftspartner im Zusammenhang mit einem Vertragsschluss oder der Vertragsdurchführung wirtschaftliche Vorteile gewährt werden.
Risikogeschäfte
Als Risikogeschäfte gelten Handlungen des Vermögensbetreuungspflichtigen, die für den Treugeber das Risiko eines Vermögensschadens beinhalten. Doch nicht jedes risikoreiche Geschäft des Vermögensbetreuungspflichtigen erfüllt den Tatbestand der Untreue. Besonders zu berücksichtigen sind solche Fälle, bei denen die Prognose, ob die fragliche Maßnahme zu einem Gewinn oder einem Verlust führt, mit einem erhöhten Maß an Ungewissheit belastet ist. Klassische Fälle eines Risikogeschäfts sind Kreditsicherungsgeschäfte und Spekulationsgeschäfte sowie Wertpapier- oder Devisengeschäfte. Zur Beurteilung, ob eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht seitens des Täters vorliegt, ist an die individuellen Vereinbarungen bzw. Befugnisse zwischen Treugeber und Täter und das vom Treugeber tatsächlich Gewollte anzuknüpfen.
Untreue eines Vermieters
Der Vermieter einer Wohnung kann sich ebenfalls der Untreue strafbar machen, wenn er die Kaution des Mieters nicht auf einem speziellen Konto anlegt und während der Dauer des Mietverhältnisses verwendet oder gar rechtswidrig anlegt.
Welche Strafe erwartet mich bei Untreue?
Bei der Untreue gem. § 266 Abs.1 StGB reicht die Strafandrohung von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Bei der Untreue in einem besonders schweren Fall kann Sie eine Strafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren erwarten. Eine Geldstrafe ist dann in der Regel nicht mehr möglich.
Das verhängte Strafmaß der Untreue hängt im Einzelfall von mehreren Faktoren ab. Zum einen von der Höhe des veruntreuten Betrages, dem bisherigen Delinquenzverhalten des Täters, seiner Stellung hinsichtlich der Vermögensbetreuungspflicht, seiner konkreten Position im Unternehmen und dem damit verbundenen Vertrauen.

Benötige ich anwaltliche Beratung?
Um das Strafmaß so gering wie möglich zu halten oder im besten Fall eine Verurteilung zu vermeiden, ist eine effektive Unterstützung unerlässlich, wenn Sie sich als Beschuldigter in einem Strafverfahren wegen Untreue wiederfinden. Die mögliche Strafandrohung für eine strafbare Untreue ist erheblich. Daher sollten Sie sich dringend zeitnah an einen spezialisierten Rechtsanwalt wenden.
Sobald Sie eine Vorladung als Beschuldigter erhalten, ist die Kontaktaufnahme zu einem Fachanwalt für Strafrecht unbedingt erforderlich.
Im Einzelfall kann Ihnen das Recht auf einen Pflichtverteidiger zustehen. Wenn Sie dieses Recht in Anspruch nehmen, sollten Sie umgehend aktiv werden und an einen entsprechenden Rechtsanwalt herantreten. So stellen Sie sicher, dass Ihre Vertretung vor Gericht durch einen erfahrenen Strafverteidiger bestmöglich garantiert ist. Die Kanzlei Mügge, Dr. Pitschel & Partner berät und verteidigt mit jahrelanger Erfahrung in zahlreichen Verfahren im Bereich der Untreue. Sollten Sie weitere Fragen haben oder Beschuldigter in einem Strafverfahren sein, so kontaktieren Sie uns gerne.