Einspruch gegen Steuerbescheid
Steuerfestsetzung: Als Antwort des Finanzamtes auf die Steuererklärung setzt der Steuerbescheid eine Nachzahlung oder Rückerstattung fest
Aufbau des Steuerbescheids: Der Steuerbescheid folgt einem im Wesentlichen einheitlichen, gesetzlich vorgegebenen Aufbau
Überprüfung des Steuerbescheids: Nach Erhalt sollte der Steuerbescheid auf Fehler und Unstimmigkeiten durchgesehen werden
Einspruch gegen den Steuerbescheid: Gegen einen fehlerhaften Steuerbescheid empfiehlt es sich, Einspruch bei dem zuständigen Finanzamt einzulegen
Kurze Einspruchsfristen: Grundsätzlich besteht ab Bekanntgabe des Steuerbescheids nur ein Monat Zeit, um Einspruch einzulegen
Eine Frage, die den Großteil der deutschen Bevölkerung in jährlicher Wiederkehr beschäftigt, ist die folgende: Wann erhalte ich nach Abgabe meiner Steuererklärung meinen Steuerbescheid? Sollte dieser Unstimmigkeiten enthalten, drängt sich die Folgefrage auf: Unter welchen Voraussetzungen ist ein Einspruch gegen den Steuerbescheid zulässig, und: in welchen Fällen ist ein solcher Einspruch gegen den Steuerbescheid sinnvoll?
Die Grundlagen zum Steuerbescheid werden im Folgenden umrissen und die drängenden Fragen um die Zulässigkeit und Sinnhaftigkeit eines Einspruchs gegen einen Steuerbescheid eingeordnet und erörtert.
Was ist ein Steuerbescheid? – Ein Überblick
Der Einkommenssteuerbescheid (kurz: Steuerbescheid) als amtliches Dokument fungiert als Antwort der Finanzbehörde auf die durch Sie eingereichte Steuererklärung. Mit dem Steuerbescheid setzt die zuständige Finanzbehörde Steuern fest. Diese Festsetzung kann für Sie eine Rückerstattung oder Nachzahlung von Steuern nach sich ziehen. Wie die Finanzbehörde diese Festsetzung im Einzelnen berechnet, können Sie Ihrem Steuerbescheid entnehmen.
Die Steuererklärung als Grundlage für den Steuerbescheid
Zwingend vorgeschaltet ist dem Einkommenssteuerbescheid die durch Sie eingereichte Steuerklärung beim zuständigen Finanzamt.
Mit zunehmender Digitalisierung besteht – neben der analogen Verwendung von Papiervordrucken – die Möglichkeit, die Steuererklärung online zu erstellen und einzureichen. Über die elektronische Steuerklärung (ELSTER) hinaus, werben diverse Steuersoftwares mit dem Service einer digitalen sowie effizienten Erstellung der Steuerklärung. Die digitale Steuerklärung bringt den Vorzug einer geringeren Fehleranfälligkeit und grundsätzlich schnelleren Bearbeitung Ihrer Steuerklärung durch die zuständige Finanzbehörde. Ungeachtet vereinzelter wesentlich längerer oder kürzerer Bearbeitungszeiten sollten Sie sich gleichwohl auf eine Wartezeit von sechs bis acht Wochen bis zum Erhalt Ihres Steuerbescheids einstellen.
Haben Sie nach Ablauf von sechs Monaten – ohne dass dieser Zeitraum von Nachfragen der Finanzbehörde unterbrochen wäre – noch keinen Steuerbescheid erhalten, sollten Sie bei dem zuständigen Finanzamt den Grund für die Verzögerung erfragen. Es besteht dann auch die Möglichkeit, einen Untätigkeitseinspruch zu erheben.
Der Aufbau eines Steuerbescheids
Der auf den ersten Blick komplex anmutende Eindruck, den ein Steuerbescheid vermitteln kann, besticht mit einem einheitlichen Aufbau.
Diesem Aufbau liegen verbindliche gesetzliche Vorgaben zugrunde. Zu solchen Muss-Vorschriften zählen die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag, die Angabe des Steuerschuldners und des zuständigen Finanzamtes. Als Soll-Vorschriften werden vom Gesetz die Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung und Begründung gefordert. Während ein Fehlen von Muss-Vorschriften zur Nichtigkeit des Einkommenssteuerbescheid als Verwaltungsakt gemäß § 125 Abs. 1 AO und damit zur Unwirksamkeit nach § 124 Abs. 3 AO führt, lässt die Missachtung einer Soll-Vorschrift die Wirksamkeit des Steuerbescheids grundsätzlich unberührt. Ein Einspruch gegen den Steuerbescheid kann aber in beiden Fällen sinnvoll und geboten sein.
Orientiert an diesen gesetzlichen Vorschriften finden sich auf der ersten Seite des Steuerbescheids Ihre persönlichen Daten und die Rückerstattungs- oder Nachzahlungsfestsetzung wieder. Die beiden folgenden Seiten enthalten eine Aufschlüsselung Ihrer Einkünfte und des Berechnungsvorgehens des zuständigen Finanzamtes.
Die Gliederung des Steuerbescheids im Einzelnen
Nach diesen Maßstäben beginnt die erste Seite des Einkommenssteuerbescheids mit der Kopfzeile. Diese enthält die persönlichen Angaben der steuerpflichtigen Person, sowie die Nennung des zuständigen Finanzamtes. Es folgen Ausführungen zur Steuerart, zum Steuerjahr und zur Höhe des zu versteuernden Einkommens. Nach der Angabe des Zeitraums, dem die Steuerberechnung zugrunde liegt, wird unter dem Aspekt Festsetzung die berechnete Rückerstattung oder Nachzahlung der Steuer aufgeführt.
Darauf folgen die zweite und dritte Seite des Steuerbescheids, die unter dem Punkt Besteuerungsgrundlagen die detaillierte Berechnung des zu versteuernden Einkommens darlegen. Insoweit werden Ihre angegebenen Einnahmen (Einkünfte aus selbstständiger oder nichtselbstständiger Arbeit, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung usw.) und Ausgaben (Werbungskosten, Entfernungspauschale usw.) aufgeschlüsselt. Daraus können Sie ableiten, welche Posten das zuständige Finanzamt anerkannt und damit zur Grundlage der Berechnung Ihrer Einkommenssteuer herangezogen hat.
Mit dem dritten Teil Erläuterungen schließt der Steuerbescheid. Auf diese Begründung, welche Einnahmen und Ausgaben das zuständige Finanzamt aus welchen Gründen (nicht) anerkannt hat, folgt letztlich die Rechtsbehelfsbelehrung. Diese weist darauf hin, dass der zulässige Rechtsbehelf gegen einen Steuerbescheid der Einspruch ist, § 347 Abs. 1 AO. Eine unterbliebene oder unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung lässt zwar die Wirksamkeit des Steuerbescheids unberührt, hat aber zur Folge, dass sich die Einspruchsfrist ab Bekanntgabe des Steuerbescheids gemäß § 356 Abs. 2 AO von einem Monat auf ein Jahr verlängert.
Einspruch gegen Steuerbescheid
Dieses Verständnis der einheitlichen Gliederung eines Steuerbescheids im Hinterkopf, sollten Sie sich nach Erhalt zeitnah einer detaillierten Überprüfung der Angaben im Steuerbescheid zuwenden. Nehmen Sie den Steuerbescheid trotz seiner hoheitlichen Natur nicht ungefragt zur Kenntnis; Ihren Steuerbescheid erstellen Menschen, Fehler kommen vor. So erweist sich nach einer Statistik des Bundes der Steuerzahler circa jeder fünfte Steuerbescheid zur Einkommenssteuererklärung als fehlerhaft.
Damit Ihr Einkommenssteuerbescheid nicht in diese Statistik eingeht, können Sie einfache Vorkehrungen treffen: Der Steuerbescheid (ESt-Bescheid) sollte auf formelle und inhaltliche Fehler überprüft werden. Kontrollieren Sie insbesondere, ob die gesetzlich vorgesehenen Muss- und Soll-Vorschriften Eingang in den Bescheid gefunden haben. Fehleranfällig sind daneben die allgemeinen persönlichen Daten, die von Ihnen angegebenen Freibeträge, sowie die korrekte Berechnung des „Gesamtbetrags der Einkünfte“. Auch sollten Sie prüfen, ob Ihre angegebenen außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt und Ihre Werbungskosten nebst anderer potenziell abzugsfähiger Kosten fehlerfrei addiert wurden.
Fallen Ihnen darüber hinaus für Sie nicht erklärliche Unstimmigkeiten auf, empfiehlt es sich, gegen den Einkommenssteuerbescheid Einspruch einzulegen.
Ein Einspruch gegen den Steuerbescheid ist dann sinnvoll, wenn Ihnen bei der Überprüfung Ihres Einkommenssteuerbescheids Fehler auffallen, oder Unstimmigkeiten – insbesondere Abweichungen zwischen Steuererklärung und Steuerbescheid – verbleiben.
Voraussetzungen des Einspruchs gegen einen Steuerbescheid
Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Einspruch gegen einen Steuerbescheid sind das Vorliegen eines Einspruchsgrundes und die Einhaltung der Einspruchsfrist. Daneben sollte der Einspruch formell ordnungsgemäß erfolgen und, um die Erfolgschancen des Einspruchs zu steigern, eine Begründung enthalten.
Zu den Einspruchsgründen gehören etwaige Fehler im Steuerbescheid, nicht begründete Abweichungen zwischen Steuerklärung und Steuerbescheid oder die Nichtanerkennung von Kosten, Steuerfreibeträgen oder Pauschbeträgen durch das Finanzamt, die in der Steuererklärung angegeben wurden.
Fristgerecht erfolgt ein Einspruch grundsätzlich, wenn er einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids erfolgt. Ist die Frist verstrichen, erwächst der Steuerbescheid in Bestandskraft, was zur Folge hat, dass die Steuerfestsetzung nicht mehr geändert werden kann. Ungeachtet seltener Fristverlängerungen im Einzelfall – im Falle des erfolgreichen Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, oder wenn dem Steuerbescheid dem obligatorische Rechtsbehelfsbelehrung nicht beigefügt ist – sollten Sie daher die kurze Einspruchsfrist dringend wahren.
Maßgeblich für den Fristbeginn ist das Datum der Bekanntgabe des Einkommenssteuerbescheids. Nach Ablauf des im Steuerbescheid angegebenen Datums, zuzüglich drei Werktage, gilt der Steuerbescheid gemäß § 122 Abs. 1 AO als bekannt gegeben. Entsprechendes gilt nach § 122 Abs. 2a AO für einen elektronisch übermittelten Steuerbescheid. Fällt der Beginn oder das Ende der Frist auf einen Feiertag oder ein Wochenende, beginnt oder endet die Frist mit dem nächsten Werktag.
Beispiel für die Berechnung: Bis wann kann ich Einspruch einlegen?
Datum des Poststempels auf dem Steuerbescheid: 1. Dezember
plus Bekanntgabe des Verwaltungsakts (3 Werktage): + 3 Tage
Start der Einspruchsfrist: 4. Dezember
Ende der Einspruchsfrist: 4. Januar
Wenn der 4. Januar beispielsweise ein Sonntag wäre, fiele das Ende auf den nächsten Werktag, mithin auf den 5. Januar.
Sollte die Frist bereits abgelaufen sein, gibt es unter Umständen dennoch Wege, einen fehlerhaften Steuerbescheid anzupassen oder aufzuheben. Unsere Experten im Steuerrecht prüfen in solchen Fällen sorgfältig, ob die Korrekturregelungen der Abgabenordnung anwendbar sind.
Formell ist ferner zu beachten, dass der Einspruch schriftlich zu erfolgen hat. Verpflichtende Formalien für die Zulässigkeit eines Einspruchs sind neben den persönlichen Daten des Einspruchsführers die amtliche Bezeichnung von Bescheid und Steuerjahr. Adressat sollte das Finanzamt sein, welches den angegriffenen Steuerbescheid erlassen hat. Dass mit dem Schreiben Einspruch eingelegt wird, sollte zweifelsfrei erkennbar sein.
Die gesetzlich nicht vorgeschriebene Begründung ist essenziell für die Erfolgsaussichten Ihres Einspruchs gegen den Steuerbescheid. Nur wenn die zuständige Finanzbehörde erkennen kann, worin Sie Fehler sehen oder gegen welche Festsetzungen Sie sich im Einzelnen wehren, kann eine gezielte Überprüfung dieser Aspekte erfolgen und behördeninterne Fehler können aufgedeckt werden.
In manchen Situationen kann es sinnvoll sein, einen Einspruch zunächst ohne ausführliche Begründung einzulegen und diese später nachzureichen, um die Einspruchsfrist einzuhalten.
Das Einspruchsverfahren hat den Vorteil, dass das Finanzamt den beanstandeten Steuerbescheid erneut prüfen muss, ohne dafür Gebühren zu erheben. Zuständig ist in der Regel das Finanzamt, das den ursprünglichen Bescheid erstellt hat.
Die Folgen des Einspruchs
Wenn der Einspruch Erfolg hat, erlässt das Finanzamt einen geänderten Bescheid, der den Fehler korrigiert. Sollte dieser Bescheid erneut Unstimmigkeiten enthalten, kann ein weiterer Einspruch dagegen eingelegt werden.
Zunächst bewirkt der zulässige Einspruch gegen einen Steuerbescheid damit zwar, dass das zuständige Finanzamt diesen einer erneuten, umfassenden Prüfung unterzieht – und ein weiteres Mal, gegebenenfalls korrigiert, übersendet.
Beachten Sie jedoch, dass der Einspruch die sich aus dem ursprünglichen Steuerbescheid ergebenden Zahlungsverpflichtungen nicht automatisch hemmt; der Einspruch hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Eine solche Hemmung kann nur ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bewirken – auch einen solchen Antrag können wir für Sie stellen. In Eilsachen, in denen es um die Aussetzung der Vollziehung oder um einstweilige Anordnungen geht, sollte der Antrag sofort begründet werden.
Wenn die Finanzbehörde Zweifel an der Rechtmäßigkeit des erlassenen Steuerbescheids hat, wird sie einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung in den meisten Fällen zustimmen. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass der Antragsteller unter Umständen sogenannte Aussetzungszinsen zahlen muss, falls der Bescheid nicht zu seinen Gunsten geändert wird. Diese Zinsen betragen 0,5 % pro Monat. Wir prüfen individuell, ob ein zusätzlicher Antrag auf Aussetzung der Vollziehung neben dem Einspruch in Ihrem Fall sinnvoll und notwendig ist.
Im Zuge der Prüfung kann das Finanzamt alle Bestandteile des Bescheids erneut bewerten, selbst jene Punkte, die nicht Teil des Einspruchs waren. Nicht ausgeschlossen ist zudem, dass das Finanzamt bei erneuter Überprüfung Fehler im Steuerbescheid entdeckt, die zu Ihrem Vorteil gewirkt hatten. Eine solche Reformatio in peius („Verböserung“), die nach der Korrektur die Steuerrückzahlung zu Ihren Lasten nach sich zöge, darf das Finanzamt nicht ohne weiteres vornehmen. Sie müssen über diesen Umstand in Kenntnis gesetzt werden, und haben daraufhin die Möglichkeit, den Einspruch gemäß § 362 AO zurückzunehmen. Daraufhin erwächst der ursprüngliche Steuerbescheid in Rechtskraft.
Lehnt das Finanzamt eine Änderung ab, wird eine sogenannte Einspruchsentscheidung erlassen. Mit dieser Entscheidung ist das Einspruchsverfahren abgeschlossen. In diesem Fall bleibt als nächster Schritt nur noch der Gang vor das Finanzgericht, um die Einspruchsentscheidung anzufechten.
Wie können wir Sie bei Fehlern in Ihrem Steuerbescheid unterstützen?
Wir können Ihnen bereits bei der Begründung Ihres Einspruchs mit professionellem Rat und langjähriger Erfahrung zur Seite stehen. Auch weniger augenscheinliche Fehler, die in Ihren Steuerbescheid Eingang gefunden haben, erkennen und widerlegen wir mit einer konsistenten Begründung.
Doch auch in einem späteren Verfahrensstadium bieten wir Hilfe an. Es kann passieren, dass das zuständige Finanzamt nach erfolgtem Einspruch an seiner Festsetzung festhalten wird. Es steht Ihnen dann noch der gerichtliche Klageweg vor dem zuständigen Finanzgericht offen. Welche Handlungsalternative in Ihrem konkreten Fall sinnvoll ist, können wir gemeinsam erörtern.
In jedem Fall werden Sie in unserer langjährig erfahrenen Kanzlei für Strafrecht und Steuerrecht gute Ansprechpartner und eine effiziente anwaltliche Beratung erhalten.