Aktuelle Rechtsprechung

Steuerberater und Insolvenzverschleppung: Beraterhaftung für Insolvenzverschleppungsschäden 2025

Bera­ter­haf­tung Insol­venz­ver­schlep­pung — Kurzer Über­blick


Haftungs­ri­siko für Berater: Steu­er­be­rater und Rechts­an­wälte können für unter­las­sene Hinweise bei Insol­venz­reife haften

Zivil- und straf­recht­liche Konse­quenzen: Mögliche Beihilfe zur Insol­venz­ver­schlep­pung mit erheb­li­chen Folgen

Doku­men­ta­ti­ons­pflicht: Konkrete Hinweise auf Insol­venz­an­trags­pflicht müssen nach­weisbar sein

Verschärfte Anfor­de­rungen: Aktu­elle BGH-Recht­spre­chung und StaRUG erhöhen die Sorg­falts­pflichten

Recht­liche Schutz­wir­kung: Entfaltet sich nur bei quali­fi­zierten, zeit­nahen Warn­hin­weisen

Beraterhaftung Insolvenzverschleppung: Grundlagen und Risiken

Die Insol­venz­ver­schlep­pung zählt zu den häufigsten Wirt­schafts­straf­taten. Während für Geschäfts­führer die Pflichten klar defi­niert sind, besteht auch für Berater ein erheb­li­ches Haftungs­ri­siko. Die Bera­ter­haf­tung bei Insol­venz­ver­schlep­pung betrifft vor allem Steu­er­be­rater und Wirt­schafts­prüfer, die Unter­nehmen in der Krise begleiten.

Kern­punkte im Über­blick:

  • Steu­er­be­rater können sowohl zivil- als auch straf­recht­lich haften
  • Entschei­dend ist die Hinweis­pflicht bei erkenn­barer Insol­venz­reife
  • Beihilfe zur Insol­venz­ver­schlep­pung kann bei aktiver Unter­stüt­zung vorliegen
  • Doku­men­ta­tion aller Hinweise ist essen­tiell
  • StaRUG hat die Haftungs­ri­siken erwei­tert

Wichtig: Während Geschäfts­führer nach § 15a InsO zur Insol­venz­an­trag­stel­lung verpflichtet sind, treffen Berater Hinweis- und Warn­pflichten, deren Verlet­zung haftungs­recht­liche Konse­quenzen hat.

Wann besteht eine Hinweispflicht des Steuerberaters?

Nach der BGH-Recht­spre­chung besteht eine Hinweis­pflicht, wenn:

  • Dem Berater Umstände bekannt werden, die auf Insol­venz­reife hindeuten
  • Die Insol­venz­reife für einen sorg­fäl­tigen Berater erkennbar ist
  • Der Mandant die Krisen­si­gnale mögli­cher­weise nicht erkennt
Warnsignale für Insolvenz

Typische Anzeichen, die eine Hinweispflicht auslösen:

  1. Dauer­hafte Konto­über­zie­hungen
  2. Häufung von Mahnungen und Voll­stre­ckungs­maß­nahmen
  3. Nicht­zah­lung von Steuern und Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trägen
  4. Nega­tive Eigen­ka­pi­tal­entwick­lung
  5. Anhal­tende Verlust­si­tua­tion

Praxis­hin­weis: Die Hinweis­pflicht erstreckt sich nicht nur auf die mögliche Insol­venz­reife, sondern auch auf die daraus resul­tie­renden Pflichten des Geschäfts­füh­rers.

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Insolvenz und Strafbarkeit des Beraters: Beihilfe zur Insolvenzverschleppung

Steu­er­be­rater können sich strafbar machen durch:

  • Beihilfe zur Insol­venz­ver­schlep­pung gemäß §§ 27 StGB i.V.m. § 15a Abs. 4 und 5 InsO
  • Beihilfe zum Bank­rott gemäß §§ 27 StGB i.V.m. § 283 StGB
  • In schweren Fällen: Mittä­ter­schaft

Voraussetzungen für eine Strafbarkeit:

  1. Vorsätz­liche Haupttat des Geschäfts­füh­rers
  2. Vorsätz­liche Unter­stüt­zungs­hand­lung des Bera­ters
  3. Kausa­lität zwischen Unter­stüt­zung und Haupttat
  4. Vorsatz des Bera­ters

Typische Formen strafbarer Beihilfe:

  • Mani­pu­lierte Bilanzen zur Verschleie­rung der Insol­venz­reife
  • Aktive Bera­tung zur Vermei­dung des Insol­venz­an­trags
  • Unzu­tref­fende Fort­füh­rungs­pro­gnosen
  • Verschleie­rung von Vermö­gens­werten

Für weitere Details zu straf­recht­li­chen Konse­quenzen, lesen Sie unseren Artikel zur Insol­venz­ver­schlep­pung Strafe.

Insolvenzverschleppung Beraterhaftung

Zivilrechtliche Haftungsrisiken

Die zivil­recht­liche Haftung kann aus verschie­denen Rich­tungen drohen:

1. Ansprüche des Mandanten:

  • Scha­dens­er­satz­an­sprüche aus Vertrags­ver­let­zung (§ 280 BGB)
  • Geltend gemacht durch den Insol­venz­ver­walter
  • Umfasst den Quoten­schaden durch verspä­tete Antrag­stel­lung

2. Ansprüche der Neugläubiger:

  • Delikt­i­sche Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO
  • Vertrau­ens­schaden der Gläu­biger, die nach Insol­venz­reife kontra­hiert haben
  • Kann den voll­stän­digen Forde­rungs­aus­fall umfassen

3. Ansprüche der Finanzverwaltung:

  • Bei Mitwir­kung an Steu­er­hin­ter­zie­hung
  • Haftung nach § 71 AO für nicht abge­führte Steuern
  • Haftung bei § 266a StGB (Nicht­ab­füh­rung von Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trägen)

Der Haftungs­um­fang kann exis­tenz­be­dro­hend sein und umfasst:

  • Insol­venz­ver­tie­fungs­schaden
  • Voll­stän­dige Neugläu­bi­ger­schäden
  • Verfah­rens­kosten
  • Persön­liche unbe­schränkte Haftung

Für Einzel­un­ter­nehmer gelten beson­dere Regeln. Mehr dazu in unserem Artikel Insol­venz­ver­schlep­pung als Einzel­un­ter­nehmer & Privat­per­sonen.

Absicherungsstrategien für Berater

1. Dokumentation aller Hinweise:

  • Schrift­liche Hinweise bei ersten Krisen­si­gnalen
  • Bespre­chungs­pro­to­kolle mit Unter­schrift des Mandanten
  • Einschreiben mit Rück­schein bei kriti­schen Hinweisen
  • Regel­mä­ßige Aktua­li­sie­rung bei fort­dau­ernder Krise

2. Klare Mandatsabgrenzung:

  • Präzise Defi­ni­tion des Bera­tungs­um­fangs
  • Ausschluss der Insol­venz­reif­prü­fung im Stan­dard­mandat
  • Empfeh­lung spezia­li­sierter Rechts­an­wälte und Insol­venz­be­rater
  • Abgren­zung von recht­li­cher Bera­tung

3. Systematische Überwachung:

  • “Krisen­ampel” in der Mandats­be­ar­bei­tung
  • Defi­nierte Eska­la­ti­ons­stufen
  • Regel­mä­ßige interne Fall­be­spre­chungen
  • Syste­ma­ti­sche Auswer­tung von Finanz­kenn­zahlen

4. Versicherungsschutz:

  • Über­prü­fung des Deckungs­um­fangs
  • Anpas­sung der Deckungs­summe
  • Beach­tung von Ausschluss­klau­seln
  • Recht­zei­tige Meldung mögli­cher Scha­den­fälle
Die Schutzwirkung korrekter Dokumentation bei einer Insolvenz

Schutzwirkung korrekter Hinweise und Dokumentation

Die recht­lich korrekte Erfül­lung der Hinweis­pflichten entfaltet eine wich­tige Schutz­wir­kung für Steu­er­be­rater und Wirt­schafts­prüfer. Diese Schutz­wir­kung erstreckt sich auf mehrere Ebenen:

Zivilrechtliche Schutzwirkung:

  • Ausschluss der Haftung gegen­über dem Mandanten
  • Abwehr von Regress­an­sprü­chen des Insol­venz­ver­wal­ters
  • Schutz vor Ansprü­chen geschä­digter Neugläu­biger
  • Entlas­tung bei Kausa­li­täts­fragen

Strafrechtliche Schutzwirkung:

  • Ausschluss des Vorsatzes bei Beihil­fe­vor­würfen
  • Doku­men­tierte Hinweise als Entlas­tungs­be­weis
  • Vermei­dung des Vorwurfs der bewussten Unter­stüt­zung
  • Nach­weis der beruf­li­chen Sorg­falt

Berufsrechtliche Schutzwirkung:

  • Erfül­lung der berufs­recht­li­chen Sorg­falts­pflichten
  • Vermei­dung berufs­recht­li­cher Sank­tionen
  • Schutz der Berufs­zu­las­sung
  • Nach­weis des lege artis-Handelns

Wichtig: Die volle Schutz­wir­kung entfaltet sich nur bei quali­fi­zierten Hinweisen — diese müssen konkret, adres­sa­ten­ge­recht, nach­weisbar und zeitnah erfolgen.

Aktuelle Rechtsprechung (2023–2025)

Die Recht­spre­chung hat sich dyna­misch entwi­ckelt:

BGH, Urteil vom 15. November 2023 – IV ZR 277/22

In diesem Urteil befasste sich der Bundes­ge­richtshof mit der Frage, inwie­weit ein Steu­er­be­rater für unter­neh­me­ri­sche Risiken haftet, insbe­son­dere wenn er in unter­neh­me­ri­sche Entschei­dungen invol­viert ist. Der BGH stellte klar, dass ein Verstoß im Bereich eines unter­neh­me­ri­schen Risikos vorliegt, wenn der Steu­er­be­rater entweder in einem fremden Unter­nehmen unter­neh­me­risch tätig wird oder seine eigenen Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dungen sein Verhalten beein­flussen. Dies unter­streicht die Bedeu­tung einer klaren Abgren­zung zwischen bera­tender Tätig­keit und unter­neh­me­ri­scher Betei­li­gung, um Haftungs­ri­siken zu mini­mieren.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. September 2024 – I‑23 U 217/22

Das Ober­lan­des­ge­richt Düssel­dorf entschied, dass Steu­er­be­rater auch außer­halb eines engen Mandats­ver­hält­nisses eine Hinweis­pflicht trifft, wenn sie Anzei­chen einer Insol­venz­reife erkennen. Dies bedeutet, dass Berater verpflichtet sind, ihre Mandanten auf mögliche Insol­venz­an­trags­pflichten hinzu­weisen, selbst wenn dies nicht ausdrück­lich im Mandat verein­bart wurde.

Lite­ra­tur­hin­weis: “Die Insol­venz­an­trags­pflicht bei Über­schul­dung“
Ein umfas­sender Über­blick über die Pflichten und Risiken im Zusam­men­hang mit der Insol­venz­an­trags­pflicht bei Über­schul­dung wird in der Arbeit “Die Insol­venz­an­trags­pflicht bei Über­schul­dung” gegeben. Diese Publi­ka­tion bietet detail­lierte Einblicke in die recht­li­chen Rahmen­be­din­gungen und ist für Berater eine wert­volle Infor­ma­ti­ons­quelle.

Aktuelle Rechtsprechung

Fallbeispiele unserer Rechtsanwälte aus der Kanzleipraxis

Fall 1: Erfolgreiche Abwehr von Insolvenzverwalteransprüchen

Ein Steu­er­be­rater konnte nach­weisen, dass er:

  • Früh­zeitig schrift­liche Hinweise gegeben hatte
  • Die Konsul­ta­tion eines Insol­venz­recht­lers empfohlen hatte
  • Alle Warn­hin­weise doku­men­tiert hatte
  • Eine klare Mandats­ab­gren­zung vorge­nommen hatte

Fall 2: Einstellung eines Ermittlungsverfahrens

Ein Wirt­schafts­prüfer konnte nach­weisen, dass:

  • Seine Fort­füh­rungs­pro­gnose metho­disch korrekt erstellt wurde
  • Zum Prüfungs­zeit­punkt noch Sanie­rungs­chancen bestanden
  • Er die Grenzen der Prognose doku­men­tiert hatte
  • Er keine Kenntnis der späteren Verschlech­te­rung hatte

Fall 3: Haftungsbegrenzung durch Vergleich

Bei unter­las­sener Hinweis­pflicht konnte die Haftung begrenzt werden durch:

  • Teil­weises Aner­kenntnis
  • Bestreiten des Kausal­zu­sam­men­hangs
  • Vergleichs­ver­hand­lungen

Straf­ver­fahren wegen Beihilfe zur Insol­venz­ver­schlep­pung?

Als spezia­li­sierte Wirt­schafts­straf­rechtler vertreten wir Steu­er­be­rater und Wirt­schafts­prüfer kompe­tent bei Vorwürfen der Beihilfe zur Insol­venz­ver­schlep­pung. Kontak­tieren Sie uns für eine Erst­ein­schät­zung Ihres Falls – je früher Sie handeln, desto besser sind Ihre Chancen auf eine erfolg­reiche Vertei­di­gung.

FAQ zur Beraterhaftung bei Insolvenzverschleppung

Eine straf­recht­liche Verant­wort­lich­keit setzt Vorsatz voraus. Das bloße Nicht­er­kennen führt in der Regel nicht zur Straf­bar­keit. Anders liegt der Fall bei bewusstem Igno­rieren oder aktiver Verschleie­rung.

Ein wirk­samer Hinweis muss:

  • Die mögliche Insol­venz­reife konkret anspre­chen
  • Die recht­li­chen Konse­quenzen benennen
  • Die Notwen­dig­keit einer Prüfung betonen
  • Eine konkrete Hand­lungs­emp­feh­lung enthalten
  • Schrift­lich erfolgen

Bei nach­weis­barem, konkretem Hinweis ist eine Haftung meist ausge­schlossen. Entschei­dend ist die Doku­men­ta­tion.

Ja, unter bestimmten Voraus­set­zungen:

  • Gegen­über Neugläu­bi­gern
  • Bei Schutz­ge­setz­ver­let­zung
  • Bei aktiver Täuschung
  • Bei falschen Testaten

Das StaRUG erwei­tert die Bera­ter­pflichten:

  • Infor­ma­tion über vorinsol­venz­liche Sanie­rungs­op­tionen
  • Erhöhte Doku­men­ta­ti­ons­an­for­de­rungen
  • Erwei­terte Hinweis­pflichten
  • Spezi­fi­sche Bera­tungs­pflichten zum Restruk­tu­rie­rungs­rahmen

Fazit — Insolvenzverschleppung und Beraterhaftung vermeiden

Die Bera­ter­haf­tung bei Insol­venz­ver­schlep­pung ist zu einem bedeu­tenden Risiko für Steu­er­be­rater geworden. Die Recht­spre­chung hat die Anfor­de­rungen konti­nu­ier­lich verschärft, während das StaRUG weitere Pflichten geschaffen hat.

Kernerkenntnisse:

  1. Umfas­sende Hinweis­pflichten bei erkenn­baren Krisen­si­gnalen
  2. Doku­men­ta­tion als Schlüssel zur Haftungs­ver­mei­dung
  3. Straf­bar­keits­ri­siken bei aktiver Unter­stüt­zung
  4. Klare Mandats­ab­gren­zung ist essen­tiell
  5. Erhöhte Anfor­de­rungen durch das StaRUG

Empfehlungen:

  • Syste­ma­ti­sche Krisen­früh­erken­nung etablieren
  • Proak­tive, klare Kommu­ni­ka­tion mit dem Mandanten
  • Inter­dis­zi­pli­näres Exper­ten­netz­werk aufbauen
  • Aktu­elle Recht­spre­chung verfolgen
  • Versi­che­rungs­schutz opti­mieren
  • Sorg­fäl­tige Mandan­ten­aus­wahl

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