Vermögensarrest: Was ist das? Voraussetzungen der Anordnung des Vermögensarrestes
Ziel und Zweck: Der Vermögensarrest dient der Sicherung der Vollstreckung durch Sicherstellung von Vermögenswerten (bewegliche und unbewegliche Vermögen) und hat oft eine abschreckende Wirkung bei Steuerstraftaten und Geldwäsche.
Voraussetzungen für die Anordnung: Die Anordnung erfolgt meist durch das Gericht; in dringenden Fällen kann auch die Staatsanwaltschaft tätig werden. Ein Anfangsverdacht und ein Sicherungsbedürfnis müssen vorliegen.
Rechtsmittel für Betroffene: Gegen die Anordnung stehen verschiedene Rechtsmittel zur Verfügung, wie die einfache Beschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen oder ein Antrag auf gerichtliche Überprüfung bei Anordnung durch die Staatsanwaltschaft.
Mögliche Doppelbelastung: Im Steuerstrafverfahren kann der Vermögensarrest parallel von Finanzbehörden nach § 324 AO angeordnet werden, was eine zusätzliche Belastung für Betroffene darstellt.
Strafrecht — Was bedeutet Vermögensarrest im Strafverfahren?
Der Vermögensarrest im Steuerstrafverfahren ermöglicht die Einziehung von Wertersatz beim Betroffenen durch Pfändung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen. Diese Maßnahme hat zwei Hauptzwecke:
- Sie soll potenzielle Steuerstraftäter und Täter von der Geldwäsche abschrecken
- Sie dient der Sicherung der Vollstreckung von Ansprüchen des Geschädigten (meist dem Staat)
Es gibt zwei verschiedene Arten des Vermögensarrests:
- Den Vermögensarrest nach § 111e StPO (Strafprozessordnung)
- Den dinglichen Arrest nach § 324 AO (Abgabenordnung)

Der strafrechtliche Vermögensarrest nach § 111e StPO (Strafprozessordnung)
Der Vermögensarrest nach der Strafprozessordnung ist zwar in der Öffentlichkeit weniger bekannt als die Untersuchungshaft, gehört aber zu den schwerwiegendsten Zwangsmaßnahmen im Strafverfahren. Die Voraussetzungen für seine Anordnung sind überraschend niedrig im Vergleich zu den einschneidenden Folgen für die Betroffenen.
Formelle Voraussetzungen: Wer darf den Vermögensarrest anordnen?
In der Regel muss der Vermögensarrest vom zuständigen Gericht angeordnet werden. Nur in Ausnahmefällen, wenn Gefahr im Verzug besteht, darf auch die Staatsanwaltschaft diese Maßnahme anordnen (§ 111j StPO).
Zuständigkeit der Gerichte im Detail:
- Im Ermittlungsverfahren: Der Ermittlungsrichter am Amtsgericht, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat
- Nach Anklageerhebung: Das mit der Sache befasste Gericht
- Im Berufungsverfahren: Das Berufungsgericht nach Eingang der Akten
- Im Revisionsverfahren: Das Gericht, dessen Urteil angefochten wird
Die gerichtliche Entscheidung erfolgt durch einen schriftlichen, begründeten Beschluss.
Anordnung durch die Staatsanwaltschaft bei Gefahr im Verzug
Bei Gefahr im Verzug (§111j Abs. 1 S. 2 StPO) darf auch die Staatsanwaltschaft den Vermögensarrest anordnen. In diesem Fall muss sie jedoch innerhalb einer Woche die Bestätigung durch das zuständige Gericht einholen.
Materielle Voraussetzungen: Wann ist ein Vermögensarrest rechtmäßig?
Für die Anordnung eines Vermögensarrests müssen vier wesentliche Bedingungen erfüllt sein:
- Anfangsverdacht
- Taugliche Arrestforderung
- Sicherungsbedürfnis
- Verhältnismäßigkeit unter Beachtung zeitlicher Grenzen
Der Anfangsverdacht als Grundvoraussetzung
Für den Anfangsverdacht nach § 152 Abs. 2 StPO muss es nach kriminalistischer Erfahrung zumindest möglich erscheinen, dass eine verfolgbare Straftat begangen wurde. Der Vermögensarrest kann daher bereits zu Beginn eines Ermittlungsverfahrens angeordnet werden.
Was ist eine taugliche Arrestforderung?
Die taugliche Arrestforderung konkretisiert den Anfangsverdacht für den Vermögensarrest. Es müssen ausreichende Anhaltspunkte vorliegen, dass der Beschuldigte nach Abschluss des Verfahrens zur Zahlung von Wertersatz verpflichtet sein wird.
Das Sicherungsbedürfnis als wichtige Voraussetzung eines Vermögensarrests
Das Sicherungsbedürfnis ist eine wesentliche Begrenzung des Vermögensarrests und schützt das Grundrecht auf Eigentum nach Art. 14 Abs. 1 GG. Es verlangt, dass der Vermögensarrest:
- notwendig und
- erforderlich ist
Zusätzlich müssen objektive Umstände vorliegen, die im Einzelfall den Schluss nahelegen, dass der Vermögensarrest zur Sicherung der späteren Vollstreckung erforderlich ist. Solche Umstände können beispielsweise sein:
- Der Beschuldigte will seine Vermögensverhältnisse nicht offenlegen
- Es gibt Anzeichen für ein Verschleiern des tatsächlichen Vermögens
Die Bedeutung der Verhältnismäßigkeit
Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit durchzieht die gesamte Anordnung des Vermögensarrests. Das Sicherungsinteresse der Allgemeinheit muss gegen das grundrechtlich geschützte Eigentumsrecht des Betroffenen (Art. 14 GG) abgewogen werden.

Zeitliche Grenzen des Vermögensarrests
Besonders wichtig ist die zeitliche Komponente des Vermögensarrests. Obwohl die Verhältnismäßigkeit nach etwa sechs Monaten ernsthaft in Frage gestellt werden kann, muss sie im Einzelfall konkret beurteilt werden.
Gegen einen Vermögensarrest wehren: Welche Rechtsmittel haben Betroffene?
Betroffene eines Vermögensarrests sind nicht schutzlos. Je nachdem, welche Stelle den Vermögensarrest angeordnet hat, stehen verschiedene Rechtsmittel zur Verfügung:
Rechtsmittel gegen gerichtliche Anordnungen
Bei einer Anordnung durch das Gericht steht dem Betroffenen die einfache Beschwerde nach § 304 StPO zur Verfügung:
- Zunächst vor dem Amtsgericht
- Bei ablehnender Entscheidung entscheidet das Landgericht als Beschwerdegericht
- Ein weiteres Vorgehen ist nur möglich, wenn der Arrest über 20.000 Euro hinausgeht (§ 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO)
Bei längerer Verfahrensdauer empfiehlt sich zudem ein Antrag auf Aufhebung des Vermögensarrests.
Rechtsmittel gegen Anordnungen der Staatsanwaltschaft
Gegen eine Anordnung durch die Staatsanwaltschaft kann ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden:
- Bestätigt das Gericht die Rechtmäßigkeit, ist die einfache Beschwerde nach § 304 Abs. 1 Nr. 3 StPO möglich
- Gegebenenfalls ist auch die weitere Beschwerde nach § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO zulässig
Der dingliche Arrest durch Finanzbehörden nach § 324 AO
Parallele Anordnungsmöglichkeit durch Finanzbehörden
Im Steuerstrafverfahren besteht eine besondere Situation: Neben dem Vermögensarrest können die Finanzbehörden nach § 324 AO parallel gegen den Steuerschuldner vorgehen. Dies kann zur Pfändung sowohl von beweglichem als auch unbeweglichem Vermögen führen und erhöht die Eingriffsintensität erheblich. Besonders in Fällen von Steuerhinterziehung und Geldwäsche kommt es häufig zu dieser doppelten Belastung.

Frühere Eingriffsmöglichkeit für Finanzbehörden
Problematisch ist der frühe Zeitpunkt, zu dem Finanzbehörden tätig werden können:
- Es genügt, wenn der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 38 AO entstanden ist
- Die Finanzbehörde unterliegt bei diesem Vorgehen jedoch festen Fristen
Rechtschutzmöglichkeiten gegen den dinglichen Arrest
Gegen einen dinglichen Arrest nach § 324 AO stehen dem Betroffenen mehrere Rechtsmittel zur Verfügung:
- Der Weg zu den Finanzgerichten nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO
- Ein Antrag auf einstweilige Anordnung
- Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
Warum Sie bei einem Vermögensarrest anwaltliche Hilfe benötigen
Die Problematik der doppelten Belastung
Da Betroffene oftmals gleichzeitig mit einem Vermögensarrest als auch mit einem dinglichen Arrest nach § 324 AO konfrontiert werden, entsteht eine erhebliche Doppelbelastung. Dies macht professionellen Rechtsrat besonders wichtig.
Die Bedeutung fachkundiger Beratung
Ein spezialisierter Rechtsanwalt kann:
- Den inhaltlich und zeitlich sinnvollsten Rechtsbehelf auswählen
- Im Idealfall eine schnelle Aufhebung der Arrestanordnung erwirken
Für eine optimale Verteidigung gegen einen Vermögensarrest ist die Kontaktaufnahme zu einem Fachanwalt für Strafrecht und Steuerstrafrecht unverzichtbar.
Vermögensarrest als schwerwiegende Maßnahme verstehen und richtig handeln
Der Vermögensarrest zur Sicherung der Vollstreckung stellt einen erheblichen Eingriff in die Vermögensverhältnisse des Betroffenen dar. Die Pfändung von beweglichem und besonders unbeweglichem Vermögen kann existenzbedrohend sein. Aufgrund der vergleichsweise niedrigen Hürden für die Anordnung der Einziehung von Wertersatz und der möglichen Doppelbelastung durch strafrechtliche und steuerrechtliche Maßnahmen ist eine frühzeitige und kompetente Rechtsberatung entscheidend.
Bei Fragen zum Vermögensarrest oder wenn Sie selbst betroffen sind, stehen Ihnen die Fachanwälte von Mügge, Dr. Pitschel & Partner mit ihrer Expertise im Steuerstrafrecht gerne zur Verfügung.
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