Der Eisberg steht symbolisch für das eingefrorene Vermögen.
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Vermögensarrest: Schlagkräftige Sicherungsmöglichkeiten im Straf- und Steuerrecht

Der Vermögensarrest im Steuerstrafverfahren ermöglicht die Einziehung von Vermögenswerten beim Betroffenen. Neben einer Abschreckungswirkung mit Blick auf künftige Steuerstraftaten liegt dieser Zwangsmaßnahme der Zweck zugrunde, dem Verletzten durch die Sicherung des Vermögens seinen Ersatzanspruch zu sichern. Unterscheiden lassen sich der Vermögensarrest nach § 111e StPO und der dingliche Arrest nach § 324 AO.

Der Vermögensarrest nach §111e StPO

Der breiten Öffentlichkeit nicht so bekannt wie die Untersuchungshaft, stellt der strafprozessuale Vermögensarrest gemäß §111e StPO eine der schwerwiegendsten strafprozessualen Zwangsmaßnahmen dar. Dabei sind die Voraussetzungen für den Vermögensarrest geringer, als die spürbaren Rechtsfolgen für die Betroffenen vermuten lassen – Grund genug, diese im Folgenden dar- und die Rechtsbehelfe eines Beschuldigten gegen den Vermögensarrest vorzustellen.

In formeller Hinsicht setzt der Vermögensarrest gemäß § 111e StPO grundsätzlich die Anordnung durch das zuständige Gericht voraus; in dem Ausnahmefall der Gefahr im Verzug darf eine Anordnung durch die Staatsanwaltschaft erfolgen, § 111j StPO.

Ordnet das Gericht den Vermögensarrest an, geht diesem ein Antrag der Staatsanwaltschaft an das nach § 162 StPO zuständige Gericht voraus. Dies hat zur Folge, dass im Ermittlungsverfahren der Ermittlungsrichter bei dem Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat, § 162 Abs. 1 S. 1 StPO. Die Anordnung erfolgt durch das mit der Sache befasste Gericht nach Anklageerhebung, § 162 Abs. 3 S. 1 StPO, während das Berufungsgericht mit Akteneingang für die Anordnung zuständig ist. Das Gericht, dessen Urteil angefochten wird, ist sodann gemäß § 162 Abs. 3 S. 2 StPO während des Revisionsverfahrens zuständig. Die richterliche Entscheidung besteht aus einem zu begründenden, schriftlichen Beschluss.

Seltener – bei Gefahr im Verzug, §111j Abs. 1 S. 2 StPO – ist die Staatsanwaltschaft zur Anordnung des Vermögensarrests befugt. Nach Anordnung muss die Staatsanwaltschaft innerhalb einer Woche das zuständige Gericht um Bestätigung dieser Maßnahme ersuchen.

Auch in materieller Hinsicht bewegen sich die Voraussetzungen für den Vermögensarrest im unteren Rahmen: Ein Anfangsverdacht, eine taugliche Arrestforderung, ein Sicherungsbedürfnis und die Verhältnismäßigkeit der Zwangsmaßnahme unter Beachtung der zeitlichen Grenzen genügen, um den Vermögensarrest auszulösen.

Im Einzelnen verlangt der Anfangsverdacht gemäß § 152 Abs. 2 StPO, dass es nach kriminalistischer Erfahrung zumindest als möglich erscheinen muss, dass eine verfolgbare Straftat begangen wurde. Der Vermögensarrest kann demnach bereits mit Beginn des Ermittlungsverfahrens angeordnet werden.

Die taugliche Arrestforderung als konkrete Ausgestaltung des Anfangsverdachts im Rahmen des Vermögensarrests erfordert, dass anhand ausreichender Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass der Beschuldigte nach Abschluss des Verfahrens zur Zahlung von Wertersatz wegen vom ihm verübter Straftaten verpflichtet sein wird. Es muss demnach naheliegen, dass die Voraussetzungen zur Anordnung der Wertersatzeinziehung nach abgeschlossenem Strafverfahren gegeben sein werden. Die Einzelheiten zur Einziehung richten sich nach den §§ 73 ff. StGB.

Eine mit Blick auf Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu unterschätzende Begrenzung ist das konkrete Sicherungsbedürfnis, welches als Ausprägung der Verhältnismäßigkeit explizit der StPO innewohnen soll und im Einzelnen der Notwendigkeit und Erforderlichkeit des Vermögensarrests bedarf. Neben diese beiden Voraussetzungen müssen weitere objektive Umstände treten, die in einer Gesamtschau im Einzelfall den Schluss begründen, dass eine Anordnung des Vermögensarrests zur Sicherung der Vollstreckung geboten erscheint – etwa, wenn der Beschuldigte seine Vermögensverhältnisse nicht offenlegen will oder Anhaltspunkte ein Verschleiern seines tatsächlichen Vermögens begründen.

Dieses grundlegende Prinzip der Verhältnismäßigkeit strahlt in die Anordnung des Vermögensarrests gemäß § 111e StPO flächendeckend aus. Das Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit und das gemäß Art. 14 GG geschützte Grundrecht des Betroffenen müssen bei der Anordnung des Vermögensarrests abgewogen und in einen schonenden Ausgleich gebracht werden. In der zeitlichen Komponente des Vermögensarrests äußert sich dies besonders – auch wenn die Verhältnismäßigkeit des Vermögensarrests nach einer Dauer von etwa sechs Monaten begründet angezweifelt werden darf, ist die Grenze der Verhältnismäßigkeit letztlich konkret zu verstehen und einzelfallbezogen zu beurteilen.

Natürlich ist ein Betroffener dem Vermögensarrest nicht schutzlos ausgeliefert. Verschiedene Rechtsbehelfe stehen dem Betroffenen, in Abhängigkeit davon, welche Stelle den Vermögensarrest angeordnet hat, zur Verfügung:

Bei einer Anordnung des Vermögensarrests durch das Gericht steht dem Betroffenen die einfache Beschwerde gemäß § 304 StPO vor dem Amtsgericht zur Verfügung. Bei ablehnender Entscheidung des Amtsgerichts, obliegt die Entscheidung über die Anordnung sodann dem Landgericht als Beschwerdegericht. Gegen eine Entscheidung dieses Gerichts ist ein weiteres Vorgehen sodann nur möglich, wenn der Arrest über einen Betrag von 20.000 Euro hinausgeht, § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Zudem empfiehlt es sich ab einer gewissen Verfahrensdauer ein Antrag zur Aufhebung des Vermögensarrests.

Gegen die Anordnung durch die Staatsanwaltschaft kann sich der Betroffene durch einen Antrag zur Entscheidung des Gerichts zur Wehr setzen. Kommt das Gericht zur Rechtmäßigkeit des Vermögensarrests und der Anordnungsbefugnis der Staatsanwaltschaft angesichts bestehender Gefahr in Verzug, ist gegen die Entscheidung des Gerichts wiederum die einfache Beschwerde gemäß § 304 Abs. 1 Nr. 3 StPO, und gegebenenfalls die weitere Beschwerde gemäß § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO statthaft.

Der Vermögensarrest nach § 324 AO

Erheblich erhöht wird die Eingriffsintensität des Vermögensarrests dadurch, dass im Steuerstraffverfahren neben § 111e StPO den Finanzbehörden gemäß § 324 AO die Möglichkeit freisteht, auf dieser Grundlage parallel gegen den Steuerschuldner vorzugehen. Nicht nur die potenzielle Doppelbelastung als solche ist misslich, sondern auch der frühe Zeitpunkt, zu welchem die Finanzbehörden die Steuerforderung sichern können: Es genügt, wenn der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis gemäß § 38 AO entstanden ist. Hingegen unterliegt die anordnungsbefugte Finanzbehördebei diesem Vorgehenfesten Fristen.

Ordnet die Finanzbehörde einen dinglichen Arrest gemäß § 324 AO an, findet sich der Betroffene zahlreichen Rechtsschutzmöglichkeiten gegenüber. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO ist ihm der Weg zu den Finanzgerichten eröffnet. Außerdem kann er der Betroffene einen Antrag auf einstweilige Anordnung oder Aussetzung der Vollziehung stellen.

Benötige ich als Betroffener eines Vermögensarrests einen Anwalt?

Da es nicht selten vorkommt, dass Sie zugleich durch einen Vermögensarrest nach § 111e StPO, als auch durch die Finanzbehörden durch den dinglichen Arrest gemäß § 324 AO zur Einziehung Ihrer Vermögenswerte verpflichtet werden, legt diese Doppelbelastung im Besonderen das Bedürfnis nahe, professionellen Rechtsrat zu ersuchen. Die inhaltliche und zeitlich sinnvollste Auswahl eines Rechtsbehelfs, sollten durch einen spezialisierten Rechtsanwalt aufbereitet werden.

Um einen in Ihrem konkreten Fall sinnvollen Rechtsbehelf einzulegen und im Optimalfall eine zügige Aufhebung der Anordnung des Vermögensarrests zu erhalten, ist die Kontaktaufnahme zu einem Rechtsanwalt für Strafrecht und Steuerstrafrecht unverzichtbar.

Sollten Sie weitere Fragen haben oder Beschuldigter in einem Strafverfahren oder Steuerverfahren (Steuerstrafverfahren) sein, so kontaktieren Sie uns gerne.

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