Durchsuchungen im Strafrecht und Steuerstrafrecht - MPP Rechtsanwälte
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Durchsuchungen im Strafrecht und Steuerstrafrecht

Wie verhalten Sie sich richtig, wenn die Polizei vor der Tür steht?

Die Polizei steht morgens um 6 Uhr mit mehreren Personen vor der Tür und möchte in Ihre Wohnung, um diese zu durchsuchen? Im schlimmsten Fall wurden Sie aus dem Bett geklingelt und wissen nun nicht, wie Sie sich verhalten sollen und welche Rechte Ihnen im Falle einer Durchsuchung zustehen.

Eine Durchsuchung ist in den allermeisten Fällen eine überaus unangenehme Situation und erfolgt für die Betroffenen meist unerwartet. Wichtig ist es hier Ruhe zu bewahren. Wir erklären Ihnen, was eine Durchsuchung ist, welche rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Ihre Wohnung rechtmäßiger Weise durchsucht werden darf und informieren Sie, welche grundlegenden Verhaltensweisen Sie beachten sollten.

Was ist eine Durchsuchung?

Eine Durchsuchung ist das gezielte Suchen nach Personen, Beweismitteln oder Gegenständen. Dabei können Objekt einer Durchsuchung Räume, Sachen aber auch Personen sein. Als gängige strafprozessuale Maßnahme dient Sie dazu, präventiv gegen Straftaten vorzugehen oder bereits begangene Straftaten aufzuklären.

Aufgrund ihrer äußerst einschneidenden Wirkung in die Privatsphäre der Betroffenen, müssen bestimmte rechtliche Rahmenbedingungen erfüllt sein, damit eine Durchsuchung in rechtmäßiger Weise erfolgen kann.

Wer darf eine Durchsuchung anordnen?

Vorrangig hat ein Richter die Befugnis, eine Durchsuchung anzuordnen (§ 105 S. 1 StPO). Voraussetzung ist, dass der Rahmen, die Grenzen und das Ziel der Durchsuchung in der Anordnung konkret bestimmt sind und der Richter von der Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung überzeugt ist.

Der Richtervorbehalt kann durchbrochen werden, sollte Gefahr im Verzug vorliegen. Gefahr im Verzug ist gegeben, wenn die Anordnung nicht eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme dadurch gefährdet wäre.

An die Begründung einer Gefahr im Verzug sind erhöhte Anforderungen zu stellen. Es müssen konkrete und einzelfallbezogene Tatsachen vorliegen. Ferner muss ein Kontaktversuch zu einem Richter gescheitert sein. Sind die Voraussetzungen erfüllt, geht die Anordnungsbefugnis auf die Staatsanwaltschaft und Ermittlungspersonen über (§ 105 Abs. 1 S. 1 StPO). Findet die Durchsuchung bei anderen Personen gem. § 103 StPO statt, so steht gem. § 105 Abs. 1 S. 2 StPO lediglich der Staatsanwaltschaft die Eilkompetenz zu.

Daneben können sich auch Straf- und Bußgeldstellen des Finanzamtes dem Instrument der Durchsuchung bedienen, sollte der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat, wie insbesondere einer Steuerhinterziehung nach § 370 AO, vorliegen. Besteht Gefahr im Verzug kann die Steuerfahndung selbstständig – unter strengen Voraussetzungen – eine Durchsuchung anordnen. In allen anderen Fällen ist ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss notwendig.

Welche Arten von Durchsuchungen gibt es?

Es wird zwischen der Durchsuchung bei einem Verdächtigen (§ 102 StPO) und der Durchsuchung bei anderen Personen (§ 103 StPO) unterschieden.

Die Durchsuchung bei einem Verdächtigen nach § 102 StPO ist einerseits zum Zwecke seiner Ergreifung (Ergreifungsdurchsuchung) und andererseits zum Auffinden von Beweismitteln (Ermittlungsdurchsuchung) gestattet.

Zusätzlich wird zwischen der Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume (z. B. Garage, Fahrzeug, Geschäftsräume) des Verdächtigen und der Durchsuchung seiner Personen (z. B. Kleidungsstücke) unterschieden. Unter die Durchsuchung der Person fällt jedoch nicht die Suche „im Körper“. Hier sind die §§ 81a ff. StPO maßgebend.

Für die Durchsuchung bei einem Verdächtigen muss ein konkreter Verdacht bestehen. Entsprechend darf eine Durchsuchung nicht vorgenommen werden, wenn ein Verdacht erst begründet werden soll.

Darüber hinaus muss die Durchsuchung für den Betroffenen offen, d. h. nach außen erkennbar, durchgeführt werden. Demzufolge sind verdeckte „Online-Durchsuchungen“ auf Grundlage des § 102 StPO nicht rechtmäßig. Diese unterfallen der spezielleren Eingriffsermächtigung des § 100b StPO.

An die Durchsuchung bei anderen Personen gem. § 103 StPO sind hingegen engere Anforderungen zu stellen.

Nach § 103 Abs. 1 S. 1 StPO ist die die Durchsuchung bei anderen Personen nur zur Ergreifung des Beschuldigten oder zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände zulässig.

Ferner müssen Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich die gesuchte Person, Spur oder Sache in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Somit sind bloße Vermutungen nicht ausreichend (Ausnahmen in § 103 Abs. 1, S. 2, Abs. 2 StPO).

Auch Personendurchsuchungen sind grundsätzlich nach § 103 StPO gestattet.

Wann kann eine Durchsuchung durchgeführt werden?

Die Durchsuchung ist auf die Tagzeit beschränkt (§ 104 StPO). Sie darf daher in einem Zeitfenster zwischen 6 Uhr und 21 Uhr durchgeführt werden. Eine Durchsuchung zur Nachtzeit (21 Uhr bis 6 Uhr) ist dagegen nur auf einen engen Anwendungsbereich beschränkt, wie z. B. bei der Verfolgung auf frischer Tat.

Üblicherweise finden Durchsuchung in den frühen Morgenstunden statt. Durch diesen Überraschungseffekt soll verhindert werden, dass der Betroffene im Voraus Beweismittel fortschafft und somit das Ermittlungsverfahren behindert.

Was ist eine sogenannte Durchsicht?

§ 110 StPO bestimmt, dass Papiere im Gewahrsam des Betroffenen zur Klärung, ob sie zurückgegeben oder zu beschlagnahmen sind, durchgesehen werden können. Sollte die sofortige Sichtung (z. B. aufgrund des Umfangs) nicht möglich sein, können die Papiere mitgenommen werden. Dies gilt ebenfalls für elektronische Speichermedien (§ 110 Abs. 2 StPO).

Wie ist ein Zufallsfund zu beurteilen?

Einen weiteren Sonderfall bilden Zufallsfunde. Dies sind Gegenstände, welche auf die Verübung anderer Straftaten hindeuten. Beispielsweise wird bei der Durchsuchung nach Rauschmitteln eine illegale Waffe gefunden. Solch ein Zufallsfund kann nach § 108 StPO einstweilen in Beschlag genommen werden und ist verwertbar. Jedoch ist es der Polizei nicht erlaubt gezielt nach Zufallsfunden zu suchen.

Wie sollten Sie sich bei einer Durchsuchung verhalten?

Wenn Sie von einer Durchsuchung betroffen sind, sollten Sie folgende Verhaltensweisen beachten:

1. Bewahren Sie Ruhe

Das Wichtigste ist, Ruhe zu bewahren. Gewähren Sie den Ermittlungspersonen zutritt (öffnen Sie die Tür, wenn die Beamten klingeln, um zu verhindern, dass diese einen Schlüsseldienst rufen oder die Tür gewaltsam öffnen) und machen Sie zeitgleich mündlich deutlich, dass Sie mit keiner der Maßnahmen einverstanden sind.

2. Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss und Dienstausweis zeigen

Prüfen Sie unbedingt den Durchsuchungsbeschluss und lassen Sie sich die Dienstausweise der Ermittlungspersonen vorzeigen. Achten Sie insbesondere auf den Adressaten, Anlass, Umfang sowie die Begründung der Durchsuchung. Hieraus können sich etwaige Anhaltspunkte für eine formelle Rechtswidrigkeit ergeben.

3. Kontaktieren Sie Ihren Rechtsanwalt

Setzen Sie sich am besten noch während der Durchsuchung mit einem erfahrenen Rechtsanwalt für Strafrecht oder Steuerstrafrecht in Verbindung. Dieser kann Ihre Rechte wahren, die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung überprüfen und Ihnen während der Durchsuchung entweder telefonisch oder persönlich zur Seite stehen.

4. Kooperieren Sie mit den Ermittlern

Leisten Sie weder Widerstand noch behindern Sie die Durchsuchungen, indem Sie etwa Beweismittel verschwinden lassen. Hierdurch gehen Sie lediglich das Risiko einer vorläufigen Festnahme ein.

5. Machen Sie keine Angaben zur Sache

Sie sollten in jedem Fall von Ihrem Recht zu Schweigen Gebrauch machen. Machen Sie keine Aussagen zu den Tatvorwürfen – weder als Beschuldigter noch als Zeuge. Diese können im weiteren Verfahren gegen Sie verwendet werden.

Wichtig ist, dass Sie nichts unterschreiben, auch nicht auf dem Sicherstellungsprotokoll. Bestehen Sie auf Ihr Recht auf die Verweigerung der Unterschrift.

Häufig werden Mobiltelefone als Beweismittel beschlagnahmt, um diese zu durchsuchen und Daten auszuwerten. Teilen Sie der Polizei keine Passwörter oder PINs für Ihr Mobiltelefon oder andere beschlagnahmte Geräte mit.

Sie sind lediglich zur passiven Duldung einer Durchsuchung verpflichtet, nicht jedoch zu aktiven Mitwirkung bei einer Durchsuchung Ihrer Wohnung oder Person.

6. Machen Sie sich Notizen

Seien Sie passiver Beobachter des ganzen Geschehens und machen Sie sich Notizen zu dem Verlauf.

7. Fertigen Sie Kopien an

Bitten Sie darum Kopien von wichtigen Dokumenten, wie solchen, die Sie für Ihren Geschäftsbetrieb benötigen, machen zu dürfen, bevor diese beschlagnahmt werden.

8. Überprüfen Sie das Durchsuchungsprotokoll

Verlangen Sie am Ende der Durchsuchung eine Durchschrift des Protokolls und überprüfen Sie dieses.

Sollten Sie Fragen zu dem Thema Durchsuchungen haben oder von einer Durchsuchung betroffen sein, wenden Sie sich bestenfalls umgehend an unsere Kanzlei Mügge, Dr. Pitschel & Partner.

Wir beraten und vertreten Einzelpersonen und Unternehmen in allen Bereichen des Strafrechts und des Steuerrechts. Durch unsere jahrelange Erfahrung in den Gebieten Strafrecht und Steuerrecht sind wir den Umgang mit den Ermittlungsbehörden geübt und können Ihnen somit eine optimale Unterstützung – auch während einer stattfindenden Durchsuchung – bieten.

Im Falle einer Durchsuchung stehen wir Ihnen zur Seite und entwickeln gemeinsam die bestmögliche Strategie für Ihre Verteidigung. Wir erörtern insbesondere auch, ob es sinnvoll ist, Beschwerde gegen die Durchsuchung einzulegen und helfen Ihnen dabei, Ihre Unterlagen, Computer, Mobiltelefone möglichst schnellt zurückzubekommen.

Sollten Sie weitere Fragen haben oder Beschuldigter in einem Strafverfahren oder Steuerverfahren (Steuerstrafverfahren) sein, so kontaktieren Sie uns gerne.

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