Reform Strafgesetzbuch

Die Reform des Strafgesetzbuchs: Ein Überblick

Nun ist es soweit: Am 23.11.2023 veröf­fent­lichte das Bundes­jus­tiz­mi­nis­te­rium unter Marco Busch­mann (FDP) ein schon seit Längerem ange­kün­digtes Eckpunk­te­pa­pier zur geplanten Moder­ni­sie­rung des Straf­ge­setz­buchs.

Bereits im März legte die Bundes­re­gie­rung einen Geset­zes­ent­wurf zur Über­ar­bei­tung des Sank­tio­nen­rechts“ vor, der sich mit Fragen zu bestimmten Rechts­folgen ausein­an­der­setzte.

Konkret ging es um die Verkür­zung der sog. Ersatz­frei­heits­strafe (Ersatz­frei­heits­strafe wird halbiert) sowie die Möglich­keiten einer Thera­pie­wei­sung im Rahmen einer Straf­aus­set­zung zur Bewäh­rung (§ 56c StGB), einer Verwar­nung mit Straf­vor­be­halt (§ 59a StGB) und einer Einstel­lung des Verfah­rens nach § 153a StPO.

Weiterhin wurde beab­sich­tigt die Voraus­set­zungen für die Unter­brin­gung in eine Entzie­hungs­an­stalt (§ 64 StGB) enger zu fassen und „geschlechts­spe­zi­fi­sche“ sowie „gegen die sexu­elle Orien­tie­rung gerich­tete“ Tatmo­tive explizit als Straf­zu­mes­sungs­ge­sichts­punkte in § 46 Abs. 2 S. 2. StGB aufzu­nehmen.

Schon zu diesem Zeit­punkt kündigte der Bundes­jus­tiz­mi­nister an, dass nicht nur Ände­rungen hinsicht­lich der mögli­chen Rechts­folgen erfolgen sollen, sondern weiterhin einige Straf­tat­be­stände aus dem StGB gänz­lich gestri­chen bzw. modi­fi­ziert werden sollen.

Der Fokus soll hierbei auf Delikten liegen, die nach Auffas­sung des Minis­te­riums aufgrund ihrer geringen Praxis­re­le­vanz oder ihrer Formu­lie­rung histo­risch über­holt oder aus krimi­nal­po­li­ti­schen Gründen nicht mehr haltbar sind.

Ersatzlos wegfallen soll inso­fern der Straf­tat­be­stand der „Verlet­zung amtli­cher Bekannt­ma­chungen“ gem. § 134 StGB – vor dem Hinter­grund der Tatsache, dass es heut­zu­tage wohl kaum noch analoge „schwarze Bretter“ gibt, von denen man behörd­liche Bekannt­ma­chungen abreißen könnte, erscheint diese Strei­chung längst über­fällig.

Ähnlich bedeu­tungslos sind der unbe­fugte Gebrauch von Pfand­sa­chen (§ 290 StGB), die Gefähr­dung einer Entzie­hungskur (§ 323b StGB) und der Miss­brauch von Scheck­karten (§ 266b Abs. 1 Var. 1 StGB), weshalb auch diese ersatzlos aus dem StGB gestri­chen werden sollen.

Eine Anpas­sung, die eben­falls auf Moder­ni­sie­rungs­be­stre­bungen beruht, soll der in § 142 StGB veran­kerte Straf­tat­be­stand des uner­laubten Entfer­nens vom Unfallort erfahren: Wenn bei einem Verkehrs­un­fall ledig­lich Sach­schäden (und keine Perso­nen­schäden) verur­sacht werden, soll alter­nativ zur bishe­rigen Warte­pflicht eine zeit­ge­mäße und prak­ti­ka­blere Möglich­keit zur digi­talen Meldung der notwen­digen Infor­ma­tionen einge­richtet werden.

Aus krimi­nal­po­li­ti­schen Gründen sollen die Straf­tat­be­stände der Ausübung von Prosti­tu­tion in Sperr­be­zirken (§ 184f StGB) und des Erschlei­chens von Leis­tungen in Form des sog. „Schwarz­fah­rens (§ 265a Abs. 1 Var. 3 StGB) durch Ordnungs­wid­rig­kei­ten­tat­be­stände ersetzt werden. Der Unrechts­ge­halt dieser Delikte sei so gering, dass sie nicht mehr straf­be­wehrt sein sollen.

Auch das sog. uner­laubte Glücks­spiel (§§ 284 ff. StGB), das bereits heut­zu­tage als Ordnungs­wid­rig­keit geahndet werden kann und im Falle eines straf­wür­digen Verhal­tens zusätz­lich durch Tatbe­stände wie den Betrug (§ 263 StGB) und die Steu­er­hin­ter­zie­hung (§ 370 AO) abge­deckt wird, soll mangels eigener spezi­fi­scher Rechts­guts­ver­let­zung aus dem Straf­ge­setz­buch gestri­chen werden.

Die unrecht­mä­ßige Gebüh­ren­er­he­bung (§ 352 StGB), die für bestimmte Berufs­gruppen (wie z. B. Anwälte, Notare oder Gerichts­voll­zieher) bisher eine Privi­le­gie­rung gegen­über dem Betrug (§ 263 StGB) darstellte, soll eben­falls aus rechts­po­li­ti­schen Gründen aus dem StGB gestri­chen werden.

Der Straf­tat­be­stand des räube­ri­schen Angriffs auf Kraft­fahrer (§ 316a StGB), welcher mit einer überaus hohen Straf­an­dro­hung von mindes­tens fünf Jahren Frei­heits­strafe sank­tio­niert wird, geht aus der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Gesetz­ge­bung hervor und ist nach Auffas­sung des Bundes­jus­tiz­mi­nis­te­riums krimi­nal­po­li­tisch eben­falls nicht ausrei­chend legi­ti­miert – derar­tige Straf­taten sollen künftig ausschließ­lich über die Tatbe­stände des Raubes bzw. der Erpres­sung (§§ 249 ff. StGB) verfolgt werden.

Die Vorschriften über Mord, Totschlag und den minder schweren Fall des Totschlags (§§ 211–213 StGB) stammen haupt­säch­lich aus dem Jahr 1941 und beschreiben den Täter als „Mörder“ bzw. „Totschläger“. Eine solche Bezeich­nung kommt aus der sog. „Täter­ty­pen­lehre“, die insb. im Natio­nal­so­zia­lismus populär war, heute jedoch keine Rolle mehr spielt. Aus diesem Grund soll eine sprach­liche Anpas­sung der Normen statt­finden.

Zu guter Letzt müssen die geschäfts­mä­ßige Förde­rung der Selbst­tö­tung (§ 217 StGB) und die Entzie­hung Minder­jäh­riger (§ 235 StGB) aufgrund höchst­ge­richt­li­cher Recht­spre­chung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts bzw. des Euro­päi­schen Gerichts­hofes (EuGH) gestri­chen bzw. inhalt­lich ange­passt werden.

Das Eckpunk­te­pa­pier muss in nächster Zeit nunmehr in einem Geset­zes­ent­wurf ausge­staltet werden, welcher sodann das Gesetz­ge­bungs­ver­fahren erfolg­reich durch­laufen muss. Voraus­sicht­lich wird es bis zum tatsäch­li­chen Inkraft­treten der Reform also noch eine Weile dauern.

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